Das im Athena-Verlag erschienene Buch Heilpädagogik im Dialog von Riccardo Bonfranchi und Eliane Perret ist keinesfalls nur für Heilpädagogen geschrieben. Das Buch zu lesen lohnt sich auch für Lehrerinnen und Lehrer an Regelklassen, Eltern oder Großeltern, Bildungspolitiker und interessierte Laien, denn die aufgegriffenen Themen finden heute breiten Niederschlag auch im Regelschulbereich.
Speziell an diesem Buch ist seine Dialogform, in der die Autorin und der Autor miteinander ihren je eigenen Standpunkt zu 33 Themen diskutieren. Die beiden starten jedes Thema mit einer oft pointierten, manchmal auch spielerisch humorvollen Stellungnahme, die jeweils vom anderen kommentiert wird. Das macht die Lektüre spannend und unterhaltsam und regt zum Nachdenken an.
Es werden Fragen und Problemstellungen aufgegriffen, die im heutigen Schulalltag allgegenwärtig sind und auch in der Diskussion um Bildungsfragen im Brennpunkt stehen. Im Zentrum steht die schulische Arbeit mit Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten, Lernschwächen oder kognitiver Beeinträchtigung, wie wir sie heute in Regel- und Sonderschulen antreffen. So geht es um Themen wie „Fordern und Fördern“, „Kompetenzorientierung in Lehrplänen“, „Gewalt und Mobbing“, „Beziehung und Bildung“, „Integration von Kindern mit einer Behinderung in die Regelschule“, „ICF“ usw.
Dabei greifen die Autorin und der Autor auf langjährige berufliche Praxis als Lehrkräfte und Schulleitende und ein breites theoretisches Fundament zurück. Sie verfügen deshalb über einen großen Fundus anschaulicher Beispiele, geschickt verbunden mit theoretischen Exkursen. Das Buch verzichtet jedoch auf den heute vielerorts anzutreffenden Fachjargon, was die Lektüre leicht und unterhaltsam macht, ohne dass inhaltliche Tiefe verloren geht. Leserinnen und Leser erfahren viel Grundlegendes zu Reformprojekten, die seit Jahren und Jahrzehnten in unseren Bildungseinrichtungen laufen, und zu deren historischen, politischen und ideologischen Hintergründen. Einig sind sich die Autoren in ihrer hinterfragenden Grundhaltung gegenüber Entwicklungen, die aus ihrer Sicht weg von der Pädagogik hin zu mehr Verwaltung geführt haben. Sie fordern als Konsequenz, die heutige Perspektive zu überdenken, um so den Fokus auf eine echte Förderung der Kinder richten zu können.
Heide Pusch
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