Dass das Spiel einen, wenn nicht den entscheidenden Faktor zur individuellen Eroberung der Welt durch das kleine Kind darstellt, gilt heute geradezu als Binsenweisheit in der Pädagogik. Spielen ermöglicht es aber auch, gemeinsam Erfahrungen zu machen. So hat schon der amerikanische Reformpädagoge John Dewey darauf verwiesen, dass das gemeinsame Spiel behinderter und nichtbehinderter Kinder den Kern dessen bildet, was er demokratische Erziehung nennt. Diese Gedanken präzisiert Ferdinand Klein in seinem neuesten Buch. Gemeinsames Bewegen, sich an rhythmischen Elementen erfreuen und somit Welt gestalten, stellt für Klein den Anfang aller Bildung dar.
Leserinnen und Leser erfahren in den neun Kapiteln viel zu Themen spezifischer Behinderungsbilder. Pädagogische Persönlichkeiten werden ihnen nahegebracht. Dabei dürfen Janusz Korczak und Mimi Scheiblauer natürlich nicht fehlen. Ferdinand Klein fühlt sich beiden in besonderer Weise verbunden. Es werden Methoden erörtert. Der Autor macht ganz praktische Vorschläge zur Gestaltung der Arbeit in der (inklusiven) Kita. Und ganz nebenbei kann man die Braille-Schrift kennenlernen oder sich anfänglich mit TEACCH auseinandersetzen.
Besonders wichtig sind dem alten Heilpädagogen zwei Aspekte der Arbeit mit und für Kinder: Liebe Erzieherin, gib dem Kind Raum. Lass es sich selbst entwickeln. Liebe Erzieherin, Entwicklungsbegleitung kleiner Kinder heißt, sich selbst zu erziehen. Wie schaust Du auf die Kinder, die sich Dir anvertrauen? Wie kommst Du zu Erkenntnissen? Hast Du feste Vorstellungen und Bilder von ihnen oder bist Du auf dem Weg zu ihnen?
Wie bereits in seinen letzten Veröffentlichungen verzichtet Klein auf einen abgehobenen Sprachduktus. Er schreibt – ohne dabei seinen wissenschaftlichen Anspruch zu verlieren – so, dass seine Ideen und Gedanken verstanden werden. Man darf das Fachbüchlein (168 Seiten) Studierenden der (Heil) Pädagogik, Fachschülerinnen und -schülern und Eltern als Grundlagenliteratur empfehlen. Erzieherinnen und Erzieher finden hier einen reichen Fundus für ihre tägliche Arbeit mit den Kindern vor.
Götz Kaschubowski
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