Wie mehr Teilhabe und Lebenschancen für Menschen mit geistiger Behinderung im Alter realisiert werden können, haben die beiden Verfasser bereits in einer Publikation im gleichen Verlag im Jahr 2017 aufgezeigt. In dem vorliegenden Band geht es um Demenz, und es liegt auf der Hand, dass auch dieser Personenkreis daran erkranken kann, und dies auch mit einem erhöhten Risiko. In diesem Zusammenhang tauchen zahlreiche Fragen auf: (Wie) Lässt sich Demenz hier frühzeitig feststellen, welche besondere Betreuung, professionelle Begleitung und interdisziplinär organisierte Unterstützung braucht es zum einen und gibt es zum anderen, um den Erkrankten ein möglichst selbstbestimmtes Leben in sozialer Teilhabe zu ermöglichten? All dies ist bislang in der Heil- und Sonderpädagogik in der Theorie bzw. in wissenschaftlichen Abhandlungen selten thematisiert worden, obwohl der Bedarf da ist. Denn die Situation in der Praxis scheint so zu sein, dass viele Mitarbeiter nur über ein geringes Wissen und wenig Erfahrung über die Früherkennung wie auch Behandlung und Unterstützung einer Demenz bei Menschen mit geistiger Behinderung verfügen.
Inhaltlich wird in der vorliegenden 348 Seiten umfassenden Publikation das Thema Demenz aus ganz unterschiedlichen Perspektiven und in seiner vielschichtigen Problematik in insgesamt 13 Kapiteln behandelt. Es geht um grundsätzliche Fragen im Kontext von Alter und Demenz, um Prävalenz und diagnostische Fragen, um die Sicht der Betroffenen selbst, wie Angehörige, Mitbewohner und Betreuer damit umgehen, um Veränderungen im Handlungsfeld Wohnen und im Kontext von Lebensqualität, um eine passende Milieugestaltung, um Interventionskonzepte und Interaktionsmöglichkeiten bezüglich Körper, Sprache und (multimodale) Kommunikationsformen sowie um motorisch orientierte Verfahren und Unterstützung. Die beiden letzten Kapitel beschäftigen sich mit dem Thema Sterben und Tod, Abschied und Trauer.
Fazit: In dieser Publikation wird ein wichtiges, bislang vernachlässigtes, Thema behandelt. Die Ausführungen und Darstellungen in einer breiten Spannweite von behandelten Themen erfolgen theoriegeleitet und werden immer wieder durch aktuelle Untersuchungsergebnisse untermauert, und die Literaturverweise und Verzeichnis im Anhang sind beeindruckend. Zentrale Inhalte und wichtige Fachbegriffe werden in grau hinterlegten Feldern zusammengefasst und verständlich erklärt, und eine Vielzahl an Grafiken, Tabellen und Abbildungen trägt zum Leseverständnis bei. Auch die vielen praktischen Beispiele, vor allem in Kapitel 8 bis 11 und die abschließenden Kapitel über die letzte Lebensphase machen das Werk zu einem interessanten Lehrbuch für die Praxis.
Die Publikation richtet sich keineswegs nur an Heil- und Sonderpädagogen, sondern an alle, die in unserer Gesellschaft Menschen mit geistiger Behinderung und Demenz professionell begleiten, also auch an Sozialpädagogen, Pflegewissenschaftler und -manager und alle Mitarbeiter in der Altenhilfe.
Erhard Fischer
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