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Ben & Lee 3. und 4. Klasse: Programm zur Förderung sozial-emotionaler Kompetenzen in Verbindung mit fachlichen Zielen des Deutsch- und Sachunterrichts
Urban, M, Hövel, D. & Hennemann, T. (2018). Köln: Edition hpa. ISBN 978-3946474012

Wirksame Prävention von Gefühls- und Verhaltensstörungen, die Lehrkräfte mit heterogenen Klassen durchführen, gewinnt im inklusiven Kontext an Bedeutung. Ein Baustein innerhalb dieses Kontextes könnte das Präventionsprogramm „Ben & Lee“ sein. Es ergänzt bestehende Programme zur Förderung sozial-kognitiver Informationsverarbeitung für die Zielgruppe der dritten und vierten Klassen und verbindet sie mit Inhalten der Fächer Deutsch und Sachunterricht. Im Sachunterricht findet die Verknüpfung fachlicher und entwicklungsbezogener Kompetenzen anhand der Themen „Erforschen der Indianerkultur“, „gesunde Lebensführung“, „Experimente“ und „Energie“ statt, in Deutsch durch „kreatives Schreiben“. Die geförderten entwicklungsbezogenen Kompetenzen liegen im Bereich der sozial-emotionalen Kompetenzen. Hier wird innerhalb von drei Bausteinen die präventive Förderung der gesamten Klasse im Zeitraum von vier bis sechs Monaten angestrebt.

Das Programm besteht aus einem Ordner und dem dazugehörigen Material in Form von Strategie- Karten, Forscherauftrags-Heftchen und einer CD. Es hält 24 vorbereitete Stunden (à 60 bis 90 Minuten) plus drei Bausteinabschlussrunden und vier Vertiefungsstunden bereit. Die „Einheiten des Ben und Lee-Trainings bauen sequenziell aufeinander auf, es berücksichtigt ein hohes Maß an Schüleraktivierung und Handlungsorientierung“ (Urban, 2015).

Zur Rahmenhandlung: Die Kinder Ben und Lee gehen anhand eines mysteriösen Kompasses auf Zeitreise. Sie landen bei Indianern, Piraten und in der Zukunft, wo sie jeweils menschliche Probleme und Rätsel erleben. Diese präsentieren sie den Klassen und entwickeln gemeinsam Erklärungen und Lösungen. Neben Elternarbeit zu „Ben & Lee“ ist ein Heft mit Forscheraufträgen integriert, das den Kindern spezifische Aufgaben stellt: „Finde heraus, was für deine Familie gute Freundschaft bedeutet“ (S. 3) oder „Überlege zusammen mit deiner Familie: Wo gibt es bei Euch zu Hause ‚Wenn … dann …‘ Situationen?“ (S. 7). So können auch im familiären Kontext soziale Kompetenzen und Beziehungsgestaltung zum Thema werden.

Die einzelnen Unterrichtsstunden stehen als manualisierte Abläufe zur Verfügung, in denen übersichtlich Handlung, Fach- und Förderziel, Verlauf, benötigtes Material und relevante Informationen zusammengefasst sind, bevor die Stunde tabellarisch aufgeschlüsselt wird. Diese manualisierten Handlungsempfehlungen sind hilfreich und erlauben Modifikationen für die jeweiligen Klassen. Es wurde eine erste Studie durchgeführt. Für die gesamte Gruppe konnte eine kleine Steigerung der sozialen und emotionalen Kompetenzen aus Einschätzung der Lehrkräfte kurzfristig nach dem Training erfasst werden (Urban, 2015). Damit hat das Training als universelles Präventionsprogramm eine relevante Wirkung, langfristig muss mehr geschehen. Hierfür werden im Manual Hinweise gegeben, wie der Transfer erleichtert und Unterricht gut gestaltet werden können. Bei Kindern, die bereits einer Risikogruppe angehören, werden direkt nach dem Training und auch langfristig gesteigerte Kompetenzen im Erkennen sozialer Situationen und in der Emotionsregulation festgestellt (Urban, 2015), jedoch keine aussagekräftige Steigerung aus Perspektive der Lehrkräfte direkt nach dem Training. Diese Perspektive verändert sich langfristig, z.B. im Bereich der Selbstkontrolle. Ähnliche Beobachtungen sind nicht ungewöhnlich bei der Überprüfung der Wirksamkeit von Präventionsprogrammen. Ein erfolgreicher Aufbau prosozialer Verhaltensstrategien konnte in dieser Untersuchung leider nicht nachgewiesen werden – hier sind dringend weitere Erkenntnisse zu generieren. Denkbar wäre, dass die Kinder mit erhöhtem Risiko im Training zwar in den Basiskompetenzen profitieren, damit jedoch im Rahmen ihrer Kapazitäten ausgelastet waren und vertiefendes Trainieren des konkreten Verhaltens nachgeschoben werden muss, um eine langfristig wirksame Verhaltensänderung zu erwirken, die auf den Basiskompetenzen der Kinder mit erhöhtem Risiko aufbaut.

Das Programm ist komplex und scheint als ein Gewinn im Unterricht und im gemeinsamen Miteinander wahrgenommen zu werden. Damit kann „Ben & Lee“ eine gute pädagogische Bedeutsamkeit und Unterstützung für den inklusiven Unterricht bescheinigt werden. Schön wäre, wenn weitere wissenschaftliche Untersuchungen dazu durchgeführt und publiziert werden würden. Hierbei wäre auch auf die verstärkte Anbahnung des Transfers zu achten, um langfristig gute Veränderungen für alle Kinder zu erhalten.

Zusammenfassend gelingt „Ben & Lee“ eine Verknüpfung von Fach- und Entwicklungsebene, die um eine Intensivierung des Trainings sozialer Handlungsstrategien erweitert und auch auf andere Inhalte des Curriculums bezogen werden kann. Die wissenschaftlichen Grundlagen erfolgreicher Prävention wurden bei der Konzeption des Trainings beachtet. Die Rahmenhandlung ist motivierend für die Zielgruppe und die pädagogische Gestaltung erweitert die kognitiven Elemente enorm.

Marie-Christine Vierbuchen

 

Verwendete Quelle:

Urban, M. (2015). Konzeption und Evaluation eines Trainings zur Prävention von Gefühls- und Verhaltensstörungen durch Förderung sozialer und emotionaler Kompetenzen unter Berücksichtigung fachbezogener Lerninhalte des Deutsch- und Sachunterrichts in 3./4. Klassen (inklusiver) Grundschulen. Dissertation. Universität zu Köln.

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