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Fördern planen
Flott-Tönjes, Ulrike; Albers, Stefanie; Ludwig, Mechthild; Schumacher, Helga; Storcks-Kemming, Birgit; Thamm, Jürgen; Witt, Helma (2017).

Planung und Durchführung individueller Förderung sowie ihre Vernetzung mit dem Fachunterricht ist „täglich Brot“ und Paradedisziplin sonderpädagogischen Handelns zugleich, weshalb dessen Beherrschung so grundlegend, aber zugleich auch anspruchsvoll ist. Diese Erfahrung machen Lehrkräfte tagtäglich in ihrer Arbeit, aber auch alle Akteurinnen in universitärer und schulpraktischer Ausbildung.
„Fördern Planen“ setzt sich aus drei Teilen zur Unterrichtsplanung, zur Förderplanung und zur kollegialen Beratung zusammen, die um zwei auf das Gemeinsame Lernen bezogene Exkurse zu möglichen Problemen sonderpädagogischer Förderung sowie Aufgaben und Rollenklärung an diesem Förderort ergänzt werden und schließt mit einem umfangreichen Anhang ab.

Der erste Teil – zur Unterrichtsplanung – bildet vom Umfang und inhaltlich den Schwerpunkt.
Es enthält ein Modell zur Unterrichtsplanung auf Grundlage von Förderplänen, das den Entwicklungsbereichen eine den fachlichen Inhalten und Zielen gleichwertige Rolle einräumen soll. Die Autorinnen erweitern dazu die fachlichen Vernetzungsprozesse der „Inklusionsdidaktischen Netze“ (Heimlich & Kahlert) um förderorientierte Netze und entwickeln daraus didaktische Arbeitsmodelle, nach denen verknüpfte Fach- und Förderziele entstehen, die eine Schülerinnenteilgruppe fokussieren, aber individuelle Lernwege aller Schülerinnen in einem gemeinsamen Raum fachlicher und förderbezogener Inhalte ermöglichen. Anschließend wird der Prozess der sonderpädagogischen Unterrichtsplanung anhand von Zielebenen und zeit lichen Planungshorizonten übersichtlich dargestellt. Diesen Teil schließen Hinweise und Erläuterungen, wie angesichts vielfältiger Förderpläne eine stringente Unterrichtsplanung für eine ganze Lerngruppe umgesetzt werden kann, ein Blick auf verschiedene Differenzierungs modelle und - möglichkeiten zur Verwirklichung dieser Planung sowie auf Co-Teaching als wichtige Bedingung für gelungene Differenzierung, die Veranschaulichung des Konzeptes anhand einer beispielhaften Unterrichtsplanung sowie ausführliche Übersichten der wichtigsten Entwicklungs-und Förderbereiche für jeden Förderschwerpunkt ab.

Teil zwei widmet sich der Förderplanung als obligatorische Grundlage förderorientierter Unterrichtsplanung und erörtert u. a. Qualitätskriterien und den Prozess sonderpädagogischer Förder planung. Eine Erläuterung aller Elemente, die eine Förderplanung enthalten sollte, vervollständigt diesen Teil.

Der dritte Buchteil widmet sich der insbesondere im Gemeinsamen Lernen zunehmend in den sonderpädagogischen Fokus rückenden Aufgabe der kollegialen Beratung. Die Autorinnen und der Autor stellen notwendige Kompetenzen, Anlässe und Kontexte kollegialer Beratung dar. Dies ergänzen sie mit Bausteinen von Beratung, erläuternden Beispielen und den Grenzen von Beratung.
Angesichts der Komplexität dieses Feldes wird nur ein erster Überblick gegeben, der das Feld aber adäquat umreißt.
Der umfangreiche Anhang birgt zahlreiche Beispiele einzelner Elemente sonderpädagogischer Unterrichtsplanung verschiedener Förderschwerpunkte und -orte, die vor allem für regelmäßig mit der Anforderung verschriftlichter Planungen konfrontierte Studierende und Lehramtsanwärterinnen von Interesse sein werden, aber auch hilfreich sind für Sonderpädagoginnen in anderen Kontexten, die anhand der Beispiele das Planungskonzept besser nachvollziehen und umsetzen können.
Korrespondierend zum zweiten Teil des Buches folgen mehrere, jeweils einem Förderschwerpunkt zuzuordnende Förderplanbeispiele.

Bei Fördern Planen handelt es sich um ein lesenswertes Buch, das drei wichtige sonderpädagogische Arbeitsfelder praxisbezogen erläutert und hilfreiche Rezepte und Konzepte vorstellt, wobei der Schwerpunkt eindeutig auf der Unterrichtsplanung liegt. Es fi nden sich eine gelungene
Anleitung zur Planung unterrichtlicher Förderung inklusive adäquater Verzahnung mit unterrichtsfachlichen
Vorgaben, Rahmenbedingungen und Inhalte, an die in der Praxis aller Förderorte gut angeknüpft werden kann. Hervorzuheben ist der durchgängig umgesetzte Anspruch, mit dem Gemeinsamen Lernen die aktuelle Entwicklung des Schulsystems zu berücksichtigen, ohne dabei den Förder- und Arbeitsort Förderschule außer Acht zu lassen. Wünschenswert wäre neben einer konsequenteren Verzahnung der drei Teile und ihrer Exkurse eine größere inhaltliche
Transparenz, auf welchen Grundlagen die förderschwerpunktspezifi schen Übersichten der Entwicklungsbereiche entstanden sind, ggf. ergänzt um Hinweise zur weiteren Vertiefung derselben.
Der einleitend formulierte Anspruch, auch die Grenzen der förderorientierten Unterrichtsplanung zu thematisieren, wird nur bedingt umgesetzt: So wäre es sicherlich hilfreich, auf den Umstand einzugehen, dass in der Praxis die Vernetzung von unterrichtsfachlichen und Förderzielen nicht immer einwandfrei und effektiv gelingen kann, sowie Lösungsansätze hierfür zu entwickeln. Die durchgängig vorgenommene deutliche Differenzierung zwischen
Kindern mit und ohne sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf entspricht sicherlich der schulischen Realität und muss daher in einer für die Ausbildung und Praxis geschriebener Publikation Berücksichtigung finden, jedoch ist die Frage, ob eine Ausbildungskonzeption nicht selbst auch Anstoß für eine dem Inklusionsgedanken entsprechende Überwindung dieser binären Aufteilung der Schülerschaft geben kann. Ungeachtet dieser Kritikpunkte liegt mit Fördern Planen insgesamt ein aus der Praxis erwachsenes, mit Theorie angereichertes und für die Praxis sowie praxisbezogene Ausbildung in hohem Maße gewinnbringendes Buch vor.

Simon Baumann und Ingo Bosse

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