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Förderung bei Ängstlichkeit und Angststörungen
Roland Stein

Schülerinnen und Schüler, die Angst in der Schule haben, nur zögerlich mitarbeiten, aber nur selten den Unterrichtsverlauf stören – gerade sie benötigen unsere pädagogische Aufmerksamkeit. Lehrkräfte neigen dazu, diese Gruppe im pädagogischen Alltag nicht genügend zu beachten, denn sie halten sich meist an die vereinbarten Klassenregeln und fallen auch sonst im schulischen Leben nicht besonders auf. Doch gerade diesen ruhigen, vermeintlich angepassten Mädchen und Jungen widmet Roland Stein in seinem Buch seine Aufmerksamkeit. Der Autor weist bereits in der Einleitung darauf hin, dass die Angst zu den grundlegenden menschlichen Gefühlen gehört. Sie schützt uns einerseits vor möglichen Gefahren, andererseits kann sie auch problematisch wirken, wenn die an sich notwendigen ‚Blockaden’ die Lebensführung so beeinflussen, dass die Gesundheit der betroffenen Personen ernstlich beeinträchtigt wird. Angst und Ängstlichkeit gehören zu den Problemfeldern, welche in der (sonder-) pädagogischen Literatur bisher wenig Beachtung fanden. Es überwiegen die Darstellungen externalisierender Störungen, da diese vermeintlich mehr Relevanz für das unterrichtliche Setting haben. Außerdem werden Ängste, Ängstlichkeit und Angststörungen überwiegend im medizinisch-psychologischen Kontext betrachtet und die entsprechend empfohlenen psychotherapeutischen Interventionsmaßnahmen erscheinen im pädagogischen Alltag als wenig hilfreich. Umso mehr ist es ein Verdienst des Autors, sich mit diesem Thema auseinandergesetzt zu haben. Er liefert zunächst grundlegende Informationen zu den Erscheinungsformen, der Verbreitung und den Erklärungskonzepten von Ängsten, Ängstlichkeit und Angststörungen. Diese Ausführungen sensibilisieren den Leser für die Problematik. Im folgenden Kapitel wird in kurzer Form auf die entwicklungspsychologischen Aspekte von Ängsten eingegangen. Diese Informationen helfen den Pädagogen zu unterscheiden, welche Angstreaktionen in der kindlichen Entwicklung altersangemessen sind und welche der besonderen Aufmerksamkeit bedürfen. Detaillierte Informationen zu den Risikofaktoren bei der Entstehung von Ängsten leiten das Kapitel über die Theorien zur Erklärung von Ängstlichkeit und Angststörungen ein. Besondere Aufmerksamkeit widmet der Autor den Ängsten in pädagogischen Handlungsfeldern (Leistungs- und Prüfungsängste und andere Schulängste sowie verwandte Phänomene wie Schulphobie und schulvermeidendes Verhalten). Anschließend werden Möglichkeiten einer pädagogischen Diagnostik erörtert, wobei explizit darauf hingewiesen wird, dass es für die professionelle Beurteilung von Ängsten einer speziellen Ausbildung bedarf. Deshalb sollten „im Vordergrund der ‚alltagspädagogischen‘ diagnostischen Betrachtung und Urteilsbildung vier Fragen stehen: Ist ein Kind oder Jugendlicher besonders ängstlich oder weist es oder er eine Angststörung auf? Wie stark sind die Ausprägung und die dadurch bedingten Belastungen und Einschränkungen? Handelt es sich um stark generalisierte Ängste oder um solche, die nur in bestimmten Situationen oder Bereichen auftreten? Können für die Ängste bestimmte auslösende und aufrechterhaltende Bedingungen näher bestimmt werden. Lassen sich die Ängste erklären?“ (S. 85) Kann eine achtsame Lehrkraft diese Fragen mit einem Ja beantworten und ihre Beobachtungen mit deutlichen Beispielen (auch mit denen der Kollegen) belegen, dann wird sie nach Möglichkeiten suchen, die eine adäquate Unterstützung der betroffenen Kinder und Jugendlichen bieten. Die in den Folgekapiteln dargestellte Sammlung psychotherapeutischer Ansätze sowie verfügbarer, evidenzbasierter Programme und Trainings bietet einen Überblick schulischer und außerschulischer Fördermöglichkeiten. In einem ausführlichen letzten Kapitel werden die Ansatzpunkte der Prävention sowie Möglichkeiten, Konzepte und konkrete Vorgehensweisen einer pädagogischen Förderung im schulischen Alltag dargestellt. Ausgangspunkte für die gezielte Unterstützung bilden u.a. die Bereiche Wahrnehmungsförderung, Kompetenz- und Selbstkonzeptstärkung bzw. Abbau von Angstreaktionen sowie Vermeidungsverhalten. Finden diese Aspekte zur Bewältigung ängstlichen Verhaltens im schulischen Alltag eine ständige Berücksichtigung, befördern sie eine andere Lebens - und Schulkultur – eine inklusive Lernkultur, die Kinder und Jugendliche mit all ihren Besonderheiten, auch den Ängsten, willkommen heißt.

Barbara Seebach 

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