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Kinder und Jugendliche mit Körperbehinderung im gemeinsamen Unterricht
Christian Walter-Klose

In seiner Reihe „Schriften zur Körperbehindertenpädagogik“ legt der Athena-Verlag einen Band vor, der sich der schulischen Inklusion von Kindern und Jugendlichen mit Körperbehinderung widmet. Der Autor Walter-Klose stellt darin Befunde aus nationaler und internationaler Forschung zu diesem Themenkomplex vor. Er will damit einen Beitrag leisten zur (Weiter-) Entwicklung eines inklusiven Schulsystems, das die Leitziele der auch von Deutschland ratifizierten UN-Konventionen im Bereich schulischer Bildung umsetzt. Es handelt sich bei dieser Schrift um die Publikation seiner Dissertation. Ihr kommt besondere Bedeutung zu, weil sie sich ausdrücklich einer Personen gruppe widmet, zu der es im Rahmen der Inklusionsforschung bisher wenig spezifische Information gibt. Das Buch ist einladend gestaltet, und der interessierte Leser wird schon beim ersten Durchblättern durch zusammenfassende Tabellen und vor allem die übersichtliche Darstellung der Ergebnisse internationaler Studien gefesselt. Der Autor gibt eine 70-seitige Einführung in die Begrifflichkeit und Problematik des Komplexes. Insbesondere die Standortbestimmung hinsichtlich Integration vs. Inklusion wird exemplarisch in breit gefasster internationaler Perspektive theoretischer Forderung und bildungspolitischer Umsetzung diskutiert. Sie erhält geradezu Referenzcharakter und legt Studenten und Forschern gleichermaßen nahe, sich an dieser (neutralen) Darstellung zu orientieren. Gleichzeitig macht uns der Autor noch einmal bewusst, wie zögerlich viele Sonderpädagogen (ich selbst eingeschlossen) sich das Prinzip der Inklusion zu eigen gemacht haben. Damit wurden wir indirekt mitverantwortlich für die bisher völlig unzureichende bildungspolitische und schulpraktische Umsetzung der Inklusion in Deutschland. Der Autor hat den Anspruch, eine Sammlung deutscher und internationaler wissenschaftlicher Daten der letzten 40 Jahre vorzulegen, die Aussagen über den inklusiven Unterricht von Kindern und Jugendlichen mit Körperbehinderung erlauben. Darüber hinaus will er „Gelingungsbedingungen und Barrieren“ inklusiver Beschulung dieser Personen gruppe benennen, um Maßnahmen zur weiteren Umgestaltung des Schulsystems abzuleiten. Dabei nimmt die übersichtliche Darstellung methodischer Fragen der Untersuchung, wie bei Dissertationen üblich, breiten Raum ein. Im Hauptteil der Schrift beschränkt sich der Autor ausdrücklich auf die Diskussion von Studien zur schulischen Integration/Inklusion, die Ergebnisse zur Situation von Kindern und Jugendlichen mit Körperbehinderung bieten. Es handelt sich in Deutschland zunächst um die wenigen bekannten Studien zu dieser Personengruppe aus den 1970er- und 1980er- Jahren, dann kommen erst wieder die Arbeiten von Lelgemann/Quandt und von Uhrlau aus den letzten Jahren infrage. Die Ergebnisse liefern ein sehr differenziertes Bild positiver Effekte, aber auch markanter Schwierigkeiten, beispielsweise bei der Interaktion innerhalb der Schulen. Besonders spannend für den Leser sind dann die vielfältigen Ergebnisse internationaler Forschung. Es ist schon erstaunlich, zu welch differenzierten Fragestellungen hier Untersuchungen vorliegen – erwartungsgemäß oftmals mit sehr kleiner Probandenzahl, aber durchaus auch mit statistisch bedeutsamen Größen. Inhaltlich eröffnet sich ein überraschendes Spektrum: von Auswirkungen inklusiven Unterrichts auf Leistungen in den traditionellen Kernfächern über Spezifika des Sportunterrichts, die Entwicklung sozialer Fähigkeiten, Zeitaufwand von Lehrerinnen bis hin zu Problemen mit Stuhlinkontinenz. Die komplexen Ergebnisse werden auch hier wieder sehr übersichtlich zusammengefasst, beispielweise zu zentralen Fragen architektonisch-räumlicher Strukturen der Inklusion, und fl ießen schließlich in Empfehlungen für die Entwicklung inklusiver Schulen ein. Auch diesem Teil muss Referenzcharakter attestiert werden: Wer immer in diesem Bereich arbeitet, kommt an diesen Ergebnissen nicht vorbei. Die Schrift von Walter-Klose ist in einer Auflage von 450 Exemplaren erschienen. Es ist zu hoffen, dass der Autor trotz dieser für eine Dissertation hohen Auflage die Chance erhält, eine zweite, marktgerecht verschlankte Fassung zu publizieren, die über die engere Fachwelt hinaus einen breiteren Leserkreis erreicht.

Harry Bergeest

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