schulischen Praxis meist den Lehrkräften, die Schülerinnen und Schüler werden leider nur selten einbezogen. Dieser mangelnden Schülerorientierung treten die beiden Autoren mit ihrem Buch zur stärkenorientierten Förderplanung entgegen, das im Eigenverlag des Erstautors erschienen ist (www.editionz.de). Es wird das Anliegen verfolgt, Anregungen zu geben, „wie Sie [die Leser] als Lehrperson den Prozess der Förderplanung so gestalten können, dass Kinder und Jugendliche (wieder) zu Akteuren ihrer eigenen Entwicklung werden“ (S. 1). Zur Erreichung dieses Ziels werden Leitfäden zur stärkenorientierten Förderplanung vorgestellt. Das Buch ist in fünf Kapitel gegliedert. Diese thematisieren die grundlegende Vorstellung der beiden Autoren von Förderplanung, drei Leitfäden zum Führen von Förderplangesprächen in verschiedenen Teilnehmerkonstellationen und weitere Anwendungsmöglichkeiten der vorgestellten Grundannahmen. Im ersten Kapitel, das die grundlegenden Vorstellungen der beiden Autoren von Förderplanung behandelt, legen sie die drei Qualitätsmerkmale dar, an denen ihr Konzept orientiert ist: Effizienz (Aufwand-Nutzen-Abwägung), Moralität (Schülereinbezug) und Nachhaltigkeit (die Schülerinnen und Schüler lernen, die eigene Entwicklung selbst zu planen). Besonders hervorzuheben ist die Offenlegung der theoretischen Grundannahmen, auf denen das Modell basiert, was dieses Buch von vielen anderen Publikationen unterscheidet. Das zweite Kapitel nimmt das Förderplanungsgespräch zwischen einer Lehrkraft und einem Schüler bzw. einer Schülerin in den Blickpunkt (Zweierkonstellation). Hierzu wird zunächst die Entstehungsgeschichte aus universitären Praktikumsseminaren heraus erläutert. Darauf aufbauend werden Desiderate des Schülereinbezugs in der Literatur und in der Praxis aufgezeigt: „Der Einbezug bereits in die Festlegung der Förderziele muss nach Sichtung der Fachliteratur als Ausnahme bezeichnet werden. […] Die Versuchung, die Schülerbeteiligung auf ein Mindestmaß zu reduzieren, ist groß“ (S. 21). Dem ist durchaus zuzustimmen, in Bezug auf die Literatur wäre jedoch die Einbindung vielbeachteter Veröffentlichungen, die sich dezidiert dem Thema des Schülereinbezugs widmen, u.a. das Buch von Agneta Zetterström (2006), wünschenswert gewesen. Der größte Teil dieses Kapitels beschäftigt sich mit der Vorstellung eines aus fünf Schritten bestehenden Leitfadens zur Umsetzung eines Förderplangesprächs zwischen Lehrkraft und Schüler, in dem sich der klassische Aufbau eines Beratungsgesprächs (Ist- Soll-Weg) widerspiegelt (S. 26). Dabei werden ganz konkrete Formulierungsbeispiele für die einzelnen Schritte dargelegt, die – kursiv gedruckt – gut erkennbar sind. Ausgehend von einem Forschungsprojekt werden hierbei Vor- und Nachteile der Methode aufgezeigt und mit Zitaten aus transkribierten Gesprächen untermauert. Das dritte Kapitel stellt einen zweiten Gesprächsleitfaden mit vier Schritten für die Teilnehmerkonstellation Schüler, Sonderpädagoge und Klassenlehrerin vor. Inhaltlich unterscheidet er sich von der im zweiten Kapitel dargestellten Struktur lediglich durch eine etwas andere Bezeichnung und die Zusammenlegung der Zielformulierung und Findung der zielführenden Lernprozesse in einem Schritt. Bei der Vorstellung des Leitfadens wird hingegen ein anderer Weg beschritten: Sie erfolgt mittels eines 20-seitigen, kommentierten Transkripts. Das hat den Vorteil, dass das Gespräch beispielhaft nachvollzogen werden kann. Leider verleitet die Länge zum Überblättern des Beispiels bis zum Kommentar des jeweiligen Schritts. Sowohl der erste als auch der zweite Leitfaden des Buches sind in Projekten erprobt worden, deren Ergebnisse die beiden Autoren wie folgt einschätzen: „Insgesamt ziehen wir daraus den Schluss: Indem die Schülerinnen und Schüler die Lernziele selbst bestimmten und gemeinsam mit einem Coach ihre Strategien besprachen und wie sie diese bestmöglich erreichen können, wurden sie zu Akteuren ihrer eigenen Entwicklung“ (S. 103). Sie scheinen also ein guter Ansatz zur Schülereinbeziehung zu sein, der mit Erfahrungsberichten aus insgesamt zwölf Fällen (zehn Einzelfälle für den ersten und zwei Einzelfälle für den zweiten Leitfaden) noch auf etwas wackligen Füßen steht. Die geplante Forschung (S. 4) wird sicher weiteren Aufschluss über die Anwendbarkeit geben. Die Einbeziehung der Eltern wird im vierten Kapitel in den Fokus gerückt. Auch hierfür wird ein – bislang unerprobter – Leitfaden vorgestellt. Dieser enthält sechs Schritte und erweitert die ersten beiden Leitfäden um die häufig in der Literatur zu findende Vereinbarung eines Folgetermins. Im fünften Kapitel werden unter dem Titel „Die Logik des Gelingens“ weitere Anwendungsmöglichkeiten der im ersten Kapitel vorgestellten Grundannahmen vorgestellt. Für das Unterrichtscoaching und das Lerncoaching erfolgt eine Kurzvorstellung zweier Leitfäden, die nicht näher ausgeführt werden. Insgesamt stellen die beiden Autoren damit drei Leitfäden für eine schülerorientierte Förderplanung dar, die sich dank farblich strukturierter und kursiver Hervorhebungen sowie einer großen Schrift leicht lesen lassen. Aus welchen Gründen die inhaltlich gleich aufgebauten Leitfäden in ihren Schritten unterschiedlich benannt werden, ist nicht ersichtlich, zumal dies die Anwendung etwas erschweren könnte, wenn eine beraterische Grundausbildung fehlt. Mit einer solchen Ausbildung, wie sie die durchführenden Praktikanten im Laufe ihres Studiums erworben hatten (S. 43), sind die Leitfaden nach ersten Erfahrungen der Autoren ein probates Mittel zur Schülereinbeziehung. Für weiterführende Angaben zu Grundlagen der Förderplanung (Inhalte von Förderplänen, Schemata, Verknüpfung mit Diagnostik) verweisen die Autoren auf die gängige Literatur (S. 1). Wer seine Arbeit mit Schülerinnen und Schüler verändern möchte, um auf Basis eines beraterischen Ansatz mit ihnen Förderpläne zu erstellen, wird mit diesem Buch gut arbeiten können.
Conny Melzer
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