Förderpläne zu erstellen –für Sonderpädagogen sollte es eine
tägliche Routine sein, für Lehrkräfte in den Allgemeinen Schulen ist es häufig
ein Buch mit sieben Siegeln. Wer aber das Buch von Popp, Melzer und Methner zur
Hand nimmt, dem wird schnell geholfen. Beide Berufsgruppen finden in diesem
Buch Anregungen, wie sie ihre (sonder-)pädagogische Arbeit effektiv und
praxisrelevant gestalten können. Vor dem Hintergrund von vermehrten Bemühungen,
Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderungen gemeinsam zu unterrichten,
kommt der Entwicklung und Umsetzung von Förderplänen für alle Schülerinnen und
Schüler zunehmend größere Bedeutung zu. Die zentrale Aufgabe von Pädagogen
aller Schularten ist es dabei, die Kompetenzen und Ressourcen der Jungen und
Mädchen zu erkennen und zu stärken, aber auch Defizite zu erfassen und mit
geeigneten Maßnahmen abzubauen. Eine ganz praktische Hilfe dabei bietet das
vorliegende Buch. Es verfolgt die Ziele (S. 10 f): – Beschreibung von Grundlagen
der Förderplanung, – Beschreibung von zur Förderplanung notwendigen Methoden
(wie Gesprächsführung und Diagnostik, wobei nicht die Ermittlung des
sonderpädagogischen Förderbedarfs, sondern das diagnostische
Handlungsrepertoire von Lehrkräften an allgemeinen Schulen im Mittelpunkt
steht), – Beschreibung von Möglichkeiten zur Förderung von Schülern mit
(sonder-) pädagogischem Förderbedarf. Die Autoren haben ihr Buch in acht
anschauliche Kapitel gegliedert. Im ersten beschreiben sie die individuelle Förderung
von Schülern im Kontext von Unterricht, Diagnostik und deren Evaluation. In
wenigen Seiten wird sehr allgemein verständlich die Bedeutung der Förderplanung
zur Bearbeitung individueller Förderbedürfnisse dargelegt. Die gilt ebenso für
die Grundlagen der Förderplanung. Dabei erscheint besonders die detaillierte
Darstellung des Inhalts von Förderplänen, deren Funktion und Nutzen mit den
entsprechenden Erläuterungen gelungen. Dass auch den Förderplänen bei
Hochbegabung Raum eingeräumt wird, zeigt die komplexe Sicht der Autoren auf die
Planung von Unterstützungsmaßnahmen. Den umfassendsten Teil der Publikation
bildet die Beschreibung der Förderplanung als Prozess. Ausgehend vom
schwedischen Modell der individuellen Entwicklungspläne von Zetterström (2006)
werden die Elemente des Konzepts erläutert und die Schritte der Kooperativen
Förderplanung abgeleitet. Unter Kooperativer Förderplanung sei „der gemeinsame
Prozess des Erstellens, Umsetzens, Evaluierens und Fortscheibens individueller
Förderpläne im Team“ (S. 42) verstanden. Durch diese gemeinsame Arbeit aller
Beteiligten können die Informationen direkt ausgetauscht, effizient ausgewertet
und die notwendigen Fördermaßnahmen zielgerichtet initiiert werden. Sehr
detailliert werden die einzelnen Schritte der Kooperativen Förderplanung
erläutert, durch die zahlreichen praktischen Tipps wird dieser Prozess
nachvollziehbar und sehr transparent dargestellt. Die individuelle, passgenaue
Förderung von Schülerinnen und Schülern respektiert deren Entwicklungsbesonderheiten,
da alle Seiten der Persönlichkeit in ihrer Gesamtheit berücksichtigt werden.
Den Ausgangspunkt bildet das humanistische Menschenbild. Wirklichkeits-,
Handlungs- sowie Störungstheorien werden detailliert erläutert und im Kontext
von fördernden oder hemmenden Bedingungen der schulischen Voraussetzungen und
des familiären Umfelds beschrieben. Im folgenden Kapitel geht es um die
Schüler- und Elternbeteiligung, das Einbeziehen der betroffenen Schüler und
deren Eltern in den Prozess der gemeinsamen Förderplanung. Die Chancen und
Möglichkeiten, aber auch die Gefahren einer derartigen Vorgehensweise im
pädagogischen Setting werden reflektiert und durch praktische Tipps bei der
Umsetzung des Vorhabens ergänzt. Mit der Anerkennung des gegenseitigen
Expertentums von Kindern und Jugendlichen sowie von deren Eltern für die
jeweiligen Probleme im Erziehungsalltag werden das Rollenverständnis und die
Verantwortung in der Erarbeitung von Förderplänen geregelt. Diese Transparenz
ermöglicht ein gleichberechtigtes Handeln in der Erfüllung von Rechten und
Pflichten der an der Förderplanung Beteiligten. Nur so können die im Kapitel
Fördermaßnahmen dargelegten Beispiele für präventives bzw. intervenierendes
pädagogisches Handeln greifen und wirksam umgesetzt werden. Vor allem das
„Maßnahmealphabet“ (S.104 f) zeigt Anregungen für Fördermaßnahmen auf, die
Impulse zum Weiterdenken geben und den Freiraum für kreative Möglichkeiten
eröffnen, um bewährte (sonder-) pädagogische Strategien aufzugreifen bzw. Neues
auszuprobieren. Die Beschränkung auf das Machbare und Bewährte macht dieses
Buch lesenswert, denn es bietet gleichzeitig neben Bekanntem den Freiraum für
die Entwicklung schulinterner und regionaler weiter greifender Fördermaßnahmen,
deren Rahmenbedingungen im Kapitel Unterstützende Methoden beschrieben werden.
Die Ausführungen zur Gesprächsführung und zu den Möglichkeiten zur Erhebung des
Ist-Stands leiten zur Förderkonzeption über. Vor allem die Hinweise zur
Verhaltensbeobachtung und die Darstellung sowie der Abdruck des speziellen
Screeningverfahrens für Verhaltensauffälligkeiten im Schulbereich sind sehr
hilfreich. Abschließend werden Maßnahmen der Fortbildung zur Förderplanung
dargestellt. Insgesamt wird dieses kleine Buch zur Entwicklung und Umsetzung
von Förderplänen sicher nicht nur bei erfahrenen Lehrkräften in der
sonderpädagogischen Förderung, sondern vor allem bei Berufsanfängern und
Kolleginnen und Kollegen der Allgemeinen Schule auf Interesse stoßen. Neben der
sehr kurz gefassten Theorie und den gelungenen Beispielen regen die Aufgaben
zum Praxistransfer am Abschluss jeden Kapitels zur kritischen Reflexion des
eigenen Handlungsrepertoires in der täglichen schulischen Arbeit an.
Barbara Seebach