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Lehrbuch der Marte-Meo-Methode - Entwicklungsförderung mit Videounterstützung
Bünder P., Sirringhaus-Bünder A., Helfer A. (2010)

In diesem Lehrbuch stellen die Autoren die videogestützte Beratungsmethode Marte Meo vor, die von der niederländischen Pädagogin Maria Aarts in den 90er Jahren entwickelt wurde. Das Buch gliedert sich in sieben Teile. In Teil A werden die Grundlagen erläutert, auf denen Marte Meo fußt (u.a. Entwicklungspsychologie, Bindungsforschung, Säuglingsforschung, Lern- und Systemtheorie). Bereits hier zeigt sich das Anliegen der Autoren, Theorien nur soweit darzustellen, wie es für die praktische Anwendung im jeweiligen Arbeitsfeld nötig ist. So wird beispielsweise die Soziale Lerntheorie im Hinblick darauf beschrieben, wie sich die Eltern in der Filmaufnahme selbst als Modell sehen und durch konkrete Anschauung und Anleitung ihre Fähigkeiten entwickeln können. In Teil B werden die Prinzipien und spezielle Techniken von Marte Meo (zum Beispiel soziale Signale des Kinds benennen und wertschätzen) beschrieben. Ferner wird anhand allgemein gültiger Therapieprinzipien wie der Anlass- und Auftragsklärung erläutert, wie Marte Meo in die konkrete Fallarbeit eingebettet werden kann. Die Autoren stellen überzeugend dar, wie mit dieser Methode Kompetenzen des Kindes und der Eltern sichtbar gemacht werden können. Deutlich wird, wie durch „die Verknüpfung der Videobilder mit den Reaktionen und Fragen der Eltern sowie den Erklärungen der Beraterin ... sich ein Dialog [entwickelt], der die Entwicklung elterlicher Fähigkeiten fördert“ (S. 134). Gleichfalls wird erläutert, wie die Haltung der Marte Meo-Therapeutin den Eltern als Modell für ihren eigenen Umgang mit dem Kind dienen kann. In Abschnitt C wird einerseits der Blick auf verschiedene Familienstrukturen wie Ein-Eltern-Familien, Multiproblemfamilien, Pflege- und Adoptivfamilien gelenkt. Andererseits wird hier die Anwendung der Marte Meo-Methode auf spezielle Störungsbilder wie ADHS, Regulationsstörungen und Ängste sowie auf Kinder mit Behinderungen behandelt. Hierbei werden immer wieder strukturierende Checklisten dargestellt, in denen die Marte Meo-Prinzipien auf das jeweilige Problemfeld abgestimmt sind, des weiteren erläutern ausführliche Fallschilderungen die therapeutische Arbeit. In Abschnitt D geht es um die Implementierung von Marte Meo ins Gesundheitssystem (Frühförderung, Kinder- und Jugendpsychiatrie) und in die Kinder- und Jugendhilfe (Erziehungsberatung, sozialpädagogische Familienhilfe, Kindertagesstätten, Heimerziehung). Die Fallverläufe sind auch hier sehr genau auf die Anwendungsbereiche zugeschnitten. So wird im ambulanten Bereich etwa zwischen freiwilligen Hilfekontexten und Hilfen zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung unterschieden. Es wird verdeutlicht, dass in einer Marte Meo-Beratung nicht der Auftrag einer globalen „Verbesserung des Familienklimas“ angenommen wird, sondern dass es um konkrete Änderungen in der Eltern-Kind- Kommunikation geht. Somit sollen Eltern wieder mehr in die Lage versetzt werden, die Bedürfnisse des Kinds zu fördern. Knapper gehalten sind die Ausführungen zur Marte-Meo-Ausbildung in Teil E. In Teil F schließlich stellen die Autoren kompakt den derzeitigen Forschungsstand in der wissenschaftlichen Evaluation von Marte Meo anhand von Studien aus Indien, Dänemark, Schweden dar. Der Erstautor geht dann ausführlicher auf eine Evaluation des Verfahrens in einer stationären Jugendhilfeeinrichtung in Deutschland ein. Abgerundet wird das Buch durch Hinweise zur Video- und Filmtechnik (Teil G). Für die einzelnen Marte Meo-Prinzipien und die Strukturierung einer Beratungs-Sitzung wird auf der beiliegenden CD-ROM hilfreiches Anschauungsmaterial mitgeliefert. Als Gesamtfazit lässt sich festhalten, dass in dem vorliegenden Lehrbuch pädagogische wie therapeutische Anteile des Marte Meo gleichgewichtig zur Geltung kommen. Es gelingt den Autoren darzustellen, wie durch diese Methode Eltern ein emotionales Grundverständnis, sozusagen „ein Gefühl für die Situation“ nahegebracht werden kann. So erfährt die Leserschaft, dass das Kind mit seinen Bedürfnissen – statt mit den ihm zugeschriebenen Defiziten – wieder mehr in den Blickpunkt gelangen kann. Aus ihrer praktischen Erfahrung und der Kenntnis der von Maria Aarts gelebten Haltung in der Elternberatung haben die Autoren ein Handbuch geschaffen, das den Lesern und Leserinnen – je nach Bedarf – einen umfassenden Überblick und/ oder einen detaillierten Einblick in die Marte Meo-Methode gestattet.

Kai Brüggemann

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