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Gefährdete Kindheit: Risiken früh erkennen, Ressourcen früh fördern
Christoph Leyendecker (Hrsg.)

„Riskante Kindheit“ war der Titel des XV. Symposions der Vereinigung für Interdisziplinäre Frühförderung an der Technischen Universität Dortmund. Die vorliegende Kongresspublikation hat die wohl treffendere Überschrift erhalten. »Gefährdete Kindheit« impliziert automatisch eine psychosozial orientierte Sichtweise einer gesellschaftlichen Grundproblematik. Die vielen Beiträge des Bandes sind keine »lose« Referatesammlung, sondern sind vom Herausgeber gründlich gesichtet und geordnet worden. Sie sind deshalb auch gut lesbar.
Die Systematik des Bandes gliedert sich in allgemeine Grundlagen kindlicher Entwicklung, Frühdiagnostik incl. Ressourcenerschließung, Konzeptentwicklung sowie kooperative Aufgaben und Lösungsansätze. Den Abschluss bildet ein Ausblick auf internationale Perspektiven.
In einer Fülle von Einzelvorträgen haben Praktiker und Theoretiker die Vielfalt der Aufgaben interdisziplinärer Frühförderung beschrieben. Bedeutsame Fachvertreter – u.v.a. Papousek, Weiß, Ziegenhain – kommen zu Wort. Die Themenauswahl reicht von fachspezifischen Fragestellungen bis hin zu Grundsatzfragen von Prävention und Förderung. Davon profitieren sicherlich die Studierenden der beteiligten Fachdisziplinen. Frühförderung als »multiprofessionelles Unternehmen« verlangt einen hohen Sensibilitätsgrad aller vorgesehenen Berufsgruppen im Miteinander.
Das Buch bietet umfassend die Möglichkeit, sich über den »bekannten Tellerrand« hinaus zu informieren. Es gibt nicht viele Handlungsfelder, in denen Medizin und Pädagogik sich zu einer teamorientierten Alltagspraxis verpflichten. Der kindzentrierte und curativ ausgerichtete Ansatz sollte angesichts veränderter Klientelzusammensetzung der Vergangenheit angehören. Auch zu dieser Thematik erfolgt eine entsprechende Reflexion. Es wird deutlich, dass Netzwerkarbeit und kooperative Absprachen mit Trägern der Jugendhilfe zwangsläufig notwendig sind, um entwicklungsgefährdeten Kindern und ihren Familien wirksame Unterstützung anzubieten. Nicht verschwiegen wird, dass diese kooperativen Lösungsansätze lediglich in Einzelprojekten erprobt werden. Angesichts der Unüberschaubarkeit in der Konzeptvielfalt ermutigt die Veröffentlichung, in der Projektarbeit initiativ zu werden. Nach mittlerweile zehn Jahren nicht erfolgter SGB IX Umsetzung inklusive Frühförderverordnung ist die Kreativität, aber auch die Öffentlichkeitsarbeit der Einrichtungen gefragt. Der Band belegt eindrucksvoll, welche fachlichen Standards in den letzten Jahren entwickelt wurden. Das ist sicherlich auch ein Verdienst engagierter Persönlichkeiten, die unermüdlich an den Prinzipien der Interdisziplinarität festgehalten haben. Zu diesem Personenkreis gehört auch der Herausgeber dieses Bandes. Es bleibt zu hoffen, dass bei einem jetzt vielerorts anstehenden Generationenwechsel dieses »Erbe« nicht dem verwaltungs- und finanztechnischen Strukturierungswahn geopfert wird. Ein erster kritischer Aufruf aus der Landesvereinigung für Interdisziplinäre Frühförderung in Brandenburg ermutigt, sich analytisch mit diesem sozialpolitischen Phänomen auseinanderzusetzen.
Wolfgang Kröner

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