Vom 22.-24.9.2011 trafen sich die Landesreferentinnen und -referenten für den Förderschwerpunkt Sehen zu ihrer Jahrestagung in Eisenach.
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Neben den Berichten aus den Ländern, die das Bemühen der Schulen, aber auch die Schwierigkeiten des sich entwickelnden Prozesses um die Durchsetzung der UN-Beindertenrechtskonvention zeigten, stand im Mittelpunkt der Tagung das Duale Curriculum in Verbindung mit einer Qualitätsdiskussion.
Ausgehend von den Leitlinien unseres Verbandes, insbesondere des Abschnitts zu den Bildungs-, Beratungs- und Unterstützungsangeboten, stellten wir uns den Fragen „Was beinhaltet das Duale Curriculum?“, „Wie wird es gegenwärtig in den Förderschulen für Blinde und Sehbehinderte umgesetzt?“ und „Welche Rolle spielt das Duale Curriculum bei der Bildung und Erziehung sehgeschädigter Schülerinnen und Schüler im Gemeinsamen Unterricht?“.
Unser Arbeitsauftrag des vergangenen Jahres lautete, eine Aufstellung der Inhalte dieses Dualen Curriculums zu erarbeiten. Da eine Arbeitsgruppe des Verbands für Blinden- und Sehbehindertenpädagogik (VBS) eine entsprechende Aufstellung im Mai 2011 auf der Arbeitskreistagung der Leiterinnen und Leiter von Einrichtungen für Sehgeschädigte vorgestellt hatte, erörterten wir zunächst diese umfangreiche, konkret formulierte und für die Praxis handhabbare sowie von den Autorinnen und Autoren als Arbeitspapier verstandene Beschreibung. Übereinstimmend würdigten die anwesenden Referentinnen und Referenten die Leistung dieser Arbeitsgruppe.
Es wird davon ausgegangen, dass es für sehgeschädigte Kinder und Jugendliche neben dem schulischen Curriculum ein spezifisches Curriculum gibt. Die Bereiche dieses spezifischen (oder dualen) Curriculums sind u.a. die Förderung des Sehens, der Umgang mit Hilfsmitteln, die Förderung in Orientierung und Mobilität sowie die Aneignung sozialer Kompetenzen.
Es gibt wenige Bundesländer, in denen das spezifische Curriculum in den Lehrplänen der Länder verbindlich formuliert wurde. Weitere Bundesländer sind aufgerufen, schulinterne Lehrpläne zu schreiben, in denen die zusätzlichen Anforderungen Aufnahme finden können. Das spezifische Curriculum ist unterrichtsimmanent oder in besonderen Förderstunden umsetzbar. Es bedarf der Verantwortung speziell in Blinden- oder Sehbehindertenpädagogik ausgebildeter Lehrkräfte.
Die Referentinnen und Referenten erarbeiteten eine Übersicht, aus der hervorgeht, inwieweit in einigen Förderschulen für Blinde und Sehbehinderte die personellen und organisatorischen Voraussetzungen für die Umsetzung der zusätzlichen Anforderungen gegeben sind. Unbestritten waren die vielfältigen Möglichkeiten der unterrichtsimmanenten Einflussnahme. Obwohl es Unterschiede gab, waren größtenteils gute Bedingungen aus personeller und organisatorischer Sicht gegeben. Medienzentren, Motopäden, O&M-Trainer, LPF-Lehrkräfte, Orthoptisten, Ergotherapeuten, Förderstunden zum Erlernen der Braille-Schriftarten, des Maschinenschreibens und des Umgangs mit Hilfsmitteln wurden als Unterstützer bei der Vermittlung besonderer Kompetenzen genannt. Es wurde auch zum Ausdruck gebracht, dass in einigen Schulen diesbezüglich auf externe Anbieter zurückgegriffen werden muss bzw. Mangel besteht.
Spannend war die Frage, wie die Realität im Gemeinsamen Unterricht aussieht. Diese Frage konnte nicht endgültig beantwortet werden, sondern wird als Arbeitsauftrag ins kommende Jahr mitgenommen. Es war jedoch ersichtlich, dass die Bedingungen in Schleswig-Holstein weit über den Gegebenheiten anderer Bundesländer liegen. Dies ist dem Umstand der vor vielen Jahren anderen Herangehensweise und damit großzügigeren Gewährung von Ressourcen zu verdanken. Dies ist jedoch auch ein Beweis dafür, dass mit entsprechenden personellen, sächlichen, organisatorischen oder verwaltungsrechtlichen Ressourcen qualitativ gute Erfolge im gemeinsamen Unterricht zu erzielen sind. Die erarbeitete Übersicht zu zusätzlichen äußeren Bedingungen in anderen Bundesländern liest sich nicht beruhigend, gibt Anlass, sich für die integrativ beschulten sehgeschädigten Kinder und Jugendlichen besonders einzusetzen. Nicht beantwortet werden konnte die Frage nach der unterrichtsimmanenten Umsetzung der Anforderungen des spezifischen Curriculums. Diese Frage ist in Ansätzen lösbar, wenn der auf der vorjährigen Tagung von Frau Dr. Beyer vorgestellte Evaluationsbogen für den Unterricht von blinden und sehbehinderten Schülerinnen und Schülern Anwendung findet. Wenn jedoch wie in Sachsen jedem sehgeschädigten Kind nur 0,5 Wochenstunden zusätzlich gewährt werden, benötigt man diesen Fragebogen sicher noch nicht. Sollten außerdem die berufsbegleitenden Ausbildungsmöglichkeiten für Blinden- und Sehbehindertenpädagogik weiterhin von den Kultusministerien stiefmütterlich behandelt werden, so erübrigen sich zukünftig auch weitere Untersuchungen zur Qualität im spezifischen Unterricht. Kompetenztransfer kann nur von sehr gut ausgebildeten Fachkräften ausgehen. In diesem Fall zeigten sich die Referentinnen und Referenten sehr enttäuscht darüber, dass ein an der Leipziger Universität vor zwei Jahren mit großem Aufwand initiierter berufsbegleitender Studiengang von den Ministerien nicht für die anliegenden Bundesländer weitergeführt wurde. Eine Chance, die vertan wurde.
Im weiteren Verlauf der Tagung sprachen die Referentinnen und Referenten über den Einsatz und die Qualifikation von Schulbegleitern.
Über den nächsten Tagungsort wurden keine abschließenden Absprachen getroffen. Es werden die Anträge an die Hauptversammlung sein, die bestimmen, mit welcher Referentengruppe wir uns im kommenden Jahr treffen, um die Aufgaben des Verbands gemeinsam zu erfüllen.
Ute Busch
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