Ausgehend von den Zielsetzungen der Teilhabe und Teilnahme aller Schülerinnen und Schüler an Bildungsprozessen insbesondere in der inklusiven Bildung setzt sich der Verband Sonderpädagogik für die interdisziplinäre Verständigung über eine Diagnostik ein, die wesentliche Grundlage und Ausgangspunkt pädagogischen und didaktischen Handelns ist. „Diagnostik zwischen Lernprozessen, Unterrichtsgestaltung und Ressourcenzuweisung“ lautete daher das Thema des Bundesfachkongresses Diagnostik, der am 27. und 28. September in der Universität Leipzig stattfand.
Die Tagung wurde durch den Vortrag „Sonderpädagogische Diagnostik im Spannungsfeld zwischen Statusund Prozessdiagnostik“ von Prof. Dr. Monika Daseking (Helmut- Schmidt-Universität Hamburg) eingeleitet. Auf den Vortrag folgten zwei Blöcke mit je sechs Seminaren, in denen das weite Feld der Diagnostik ausdifferenziert und vielfältige Aspekte herausgestellt wurden: Die Themen Lernprozessbegleitung und Lernverlaufsdiagnostik, Diagnose von Lernbarrieren, spezifische Herausforderung an Diagnostik im „Inklusiven System“, die Aussagekraft von Intelligenztests, Fragen im Bereich der Rechtschreibung, in der Körperbehindertenpädagogik, Diagnostik im Kontext von Flucht und Migration, psychodynamische Diagnostik bis hin zur Förderplanung und in regionaler Kooperation zeigen den weitgespannten inhaltlichen Bogen auf. Der erste Tag des Kongresses wurde mit einem sehr gut besuchten „Kamingespräch“ abgeschlossen, an dem die Bundesvorsitzende Dr. Angela Ehlers, Prof. Dr. Monika Daseking, Dr. Dennis Hövel, Dr. René Schroeder (Landesvorsitzender Nordrhein-Westfalen) und Stefanie Höfer (vds-Landesvorsitzende Bremen) beteiligt waren. Hier erfolgte ein Austausch über wesentliche Aussagen der Vorträge und Seminare in entspannter kollegialer Runde.
Juniorprofessor Dr. Markus Spreer leitete mit seinem Vortrag den zweiten Tag des Kongresses ein: „Was leisten diagnostische Verfahren für die konkrete Planung sonderpädagogischer Unterstützung? Ein aktueller Überblick am Beispiel des Förderschwerpunkts Sprache.“
Prof. Spreer führte aus, dass Diagnoseverfahren im Bereich Sprache und Kommunikation für die Bereiche Aussprache, Wortschatz/Sprachverständnis und Grammatik Daten für die Planung und Evaluation spezifischer Maßnahmen der Unterstützung verfügbar machen. Als Aufgaben stellte er heraus, dass es um die Sicherstellung und Weiterentwicklung der Qualität sonderpädagogischer Expertise einschließlich der Fortentwicklung diagnostischer Methoden und Verfahren geht.
In zehn weiteren Seminaren in zwei Blöcken wurde das Spektrum der Diagnostik in fachspezifischer und fachrichtungsspezifischer Hinsicht erweitert und vertieft. Didaktisch- methodische Fragen der Differenzierung und Individualisierung kamen ebenso zur Sprache wie die Berücksichtigung von Haltungen und Einstellungen und die Überwindung unterschiedlichster Barrieren.
Parallel dazu lief ein fünfstündiges Fachgespräch mit dreißig Teilnehmerinnen und Teilnehmern in unterschiedlichen Phasen. Die protokollierten Ergebnisse werden Grundlage weiterer Beratungen zum Gegenstandsbereich Diagnostik im Verband sein.
Die zahlreichen Referentinnen und Referenten haben vielfältige Beispiele und Konzepte aufgezeigt und Impulse und Anregungen für eine Diagnostik gegeben, die sich im Spannungsfeld zwischen Lernprozessen, Unterrichtsgestaltung und Ressourcenzuweisung für ein System oder für einzelne Schülerinnen und Schüler bewegt. Die Beiträge haben verdeutlicht, dass pädagogische, sonderpädagogische, sozialpädagogische und medizinisch-therapeutische, stets prozessbegleitende Diagnostik eine wesentliche Grundlage für inklusive Bildungsprozesse darstellt.
Bei der Begrüßung in der Universität Leipzig im Auftrag der Bundesvorsitzenden Dr. Angela Ehlers erinnerte die stellvertretende Vorsitzende des Verbands, Dorit Wernicke, an die Demonstrationen auf dem Leipziger Ring vor dreißig Jahren.
Dagmar Brunsch
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