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Tagung der Landesreferenten Förderschwerpunkt Emotionale und Soziale Entwicklung

Das diesjährige Treffen der Landesreferenten im Förderschwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung fand vom 23.5. bis 25.5.2019 in Bad-Sassendorf statt. Die Bundesländer Bayern, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen waren in diesem Jahr nicht vertreten. Wir begrüßten drei neue und verabschieden drei ausscheidende Landesreferenten. Susanne Müller-Vasic (Rheinland- Pfalz) folgt auf Susanne Graf, Martin Herman (Baden-Württemberg) folgt auf Volker Schmidt, Mathias Elzner (Sachsen) folgt auf Michaela Köster. Susanne Graf, Michaela Köster und Volker Schmidt engagierten sich viele Jahre mit fachlichen Impulsen ebenso wie mit freundschaftlicher und engagierter Unterstützung unserer Verbandsarbeit bei Tagungen und bei der Formulierung von fachlichen Positionen. Mit Susanne Müller-Vasic (Förderschulschulleiterin), Mathias Elzner (Sonderpädagoge in der Inklusion) und Martin Herman (Förderschulleiter) erhält unsere Gruppe neue Mitstreiter, die mit großem Interesse an der fachlichen Weiterentwicklung in unserem Förderschwerpunkt antreten.

Ein Impulsreferat zur Rahmenkonzeption der Sequentiellen Traumatisierung von Prof. Dr. David Zimmermann, Humboldt-Universität zu Berlin, eröffnete die Fachtagung. Er versteht die sequentielle Traumatisierung als die innere Verdichtung von Lebenserfahrungen, die in der schulischen Institutionslogik (Normierung, Disziplinierung, Beschämung, Ausschluss) aktualisiert und verstärkt werden. Er stellte uns damit ein soziales Modell von Traumatisierung vor, dass die gestörte Entwicklungssituation als aktuelles und nicht als vergangenes Geschehen (wie bspw. PTBS) begreift. Die Veränderungsperspektive ist damit die Gestaltung der aktuellen Beziehungsdynamik und des schulischen Orts. Unbedingte Voraussetzung für die Entwicklung der Selbstregulation bei Kindern und Jugendlichen sind dabei korrigierende, emotionale Beziehungserfahrungen und eine Aktivierung von Eltern und einem Helfersystem. Sandra de Boer, Bremen, vertiefte am Folgetag den theoretischen Input von Prof. Dr. Zimmermann und zeigte traumapädagogische Zugänge für die sonderpädagogische Alltagspraxis auf. Empfehlungen für die Praxis eines gelingenden Übergangsmanagements aus der Kinder- und Jugendpsychiatrie zurück in die Schule stellte Conny Michel aus Thüringen vor.

Im abendlichen Kamingespräch erhielt die Gruppe Besuch von der Ministerialrätin im Kultusministerium NRW, Frau Gabriele Mauermann, und vom vds-Landesvorsitzenden von NRW, René Schröder. Gemeinsam mit Prof. Dr. Zimmermann diskutierten sie mit unserer Gruppe die aktuellen Herausforderungen zwischen Machbarkeitsphantasien und Ratlosigkeit in der inklusiven Bildung rund um den Förderschwerpunkt.

David Zimmermann wies u.a. darauf hin, dass die Steigerungsraten im Förderschwerpunkt eher als Folge struktureller Probleme und einer Feststellungsdiagnostik anzusehen sind, was sequentiell traumatisierte Kinder und Jugendliche besonders belastet. Frau Mauermann führte unter Berücksichtigung der KMK-Diskussion aus, dass im ministeriellen Verwaltungshandeln auf trennscharfe Diagnostik und Zielgruppenbeschreibung gesetzt wird, um Ressourcenschöpfung zu legitimieren. Gleichzeitig aber sollen damit weder hochgradige Stigmatisierung noch Exklusionstendenzen erzeugt werden. Dieses Dilemma zu lösen, sieht sie als eine künftige Entwicklungsaufgabe an, ebenso wie die Weiterentwicklung und Absicherung eines professionellen Aufgabenverständnisses und eines breiten Methodenrepertoires bei den Fachkräften. René Schröder benannte die „paraprofessionelle Feuerwehr“ der Schulbegleiter als Risiko einer Deprofessionalisierung, die einer tragfähigen Beziehungspädagogik entgegenläuft. Die intensive Diskussion ergab Einigkeit darüber, dass zentrale Potentiale einer wirksamen Förderung emotionaler und sozialer Kompetenzen in erster Linie „Halten als Haltung“, die „reflexive Lehrerpersönlichkeit“, eine „gesundheitsförderliche Schule“ im Sinne einer „caring-community“ für alle Beteiligten und der flexible Ressourceneinsatz in einem „fluktuativen Fördersystem“ sind.

Anke Schumacher von der Qualitäts- und Unterstützungs-Agentur - Landesinstitut für Schule NRW (QUALiS NRW) stellte am zweiten Tag eine „Matrix emotionaler und sozialer Kompetenzen“ (MesK) als praxisorientierte Arbeitshilfe für die inklusive schulische Bildung vor. Dazu ergaben sich viele fachliche Nachfragen z.B. nach der theoretischen Fundierung des Kompetenzmodells und nach der systemischen Einbettung der Arbeitshilfe. Insbesondere die kognitionspsychologische Ausrichtung und die zentrale Methode der Verhaltensmodifikation über Selbstinstruktion wurden kritisch diskutiert. Es wurde angemerkt, dass Ergebnisse von Metastudien zu Evaluationen von Präventionsprogrammen zeigen, dass manifeste Entwicklungsstörungen der emotionalen und sozialen Entwicklung allein im schulischen Setting schwer zu reduzieren sind und zusätzlich kontextbezogenes, interdisziplinäre Handeln erforderlich ist. Dabei erwiesen sich der Einbezug des kindlichen Lebenskontextes, insbesondere Eltern und Familie, sowie eine konsequente Schülerorientierung als besonders wichtig (vgl.: Casale, Gino; Hennemann, Thomas; Hövel, Dennis: Systematischer Überblick über deutschsprachige schulbasierte Maßnahmen zur Prävention von Verhaltensstörungen in der Sekundarstufe I – In: Empirische Sonderpädagogik 6 (2014) 1, S. 33-58 – URN: urn:nbn:de:0111-opus-92449) Komplexe Problemlagen benötigen differenzierte, multimodale Lösungsansätze, war der gemeinsame Tenor unserer Fachdiskussion.

Thomas Fey (Saarland) stellte zentrale Themen aus den Länderberichten zur weiteren Diskussion. Der Fachkräftemangel, verbunden mit fehlender Verankerung von sonderpädagogischer Expertise in Dienst- und Fachaufsicht, werden als besonders bedrängend erlebt. Die Doppelfunktion von Förderplänen einerseits als Instrument für die Gestaltung des individuellen Lernprozesses, andererseits als administrative Legitimation, wie sie in einzelnen Bundesländern üblich ist, wurde in der anschließenden Diskussion kritisiert.

Im weiteren Verlauf der Tagung wurde den Verbandsangelegenheiten Raum gegeben. Wir verabschiedeten aktuelle Standards für den Förderschwerpunkt, die an den Bundesvorstand weitergeleitet werden. Das Referat möchte sich an den geplanten Bundesfachkongressen in 2020 aktiv beteiligen. Planungsideen für einen interdisziplinären Fachkongress zum Erziehungshandeln im Herbst 2020 wurden in einem „brainstorming“ gesammelt und ebenfalls an den Bundesvorstand weitergeleitet.

Zur Vorbereitung auf die diesjährige Hauptversammlung in Bad Dürkheim wurden einige Ideen für Anträge diskutiert. Wir wollen die Absicherung qualifizierter Ausbildung, die strukturelle Verankerung der Fachlichkeit des Förderschwerpunkts Emotionale und soziale Entwicklung in Schulaufsichten und die stärkere Beachtung von vds-Positionspapieren in der KMK voranbringen.

Für die anstehenden Wahlen der Bundesreferentin und einer Stellvertretung wurden Vorschläge gemacht.

Das nächste Treffen des ESE-Referats wird vom 23.4. bis 25.4.2020 wieder in Bad Sassendorf stattfinden.

Christiane Mettlau

Von links: Angelika Mannheim (Berlin), Thomas Fey (Saarland), Baldur Drolsbach (Hessen), sitzend Michaela Köster (Sachsen), Christiane Mettlau (Bundesreferentin), Gudrun Beckmann-Zander, Renate Weber, Susanne Esser (alle NRW), Susanne Müller-Vasic (Rheinland-Pfalz), Sandra de Boer (Bremen), Volker Schmidt (Baden-Württemberg), Susanne Graf (Rheinland-Pfalz), Mathias Elzner (Sachsen), Conny Michel (Thüringen), Hartmut Strekies (Schleswig-Holstein), Andrea Bethge (Thüringen), Martin Herman (Baden-Württemberg).

Von links: Angelika Mannheim (Berlin), Thomas Fey (Saarland), Baldur Drolsbach (Hessen), sitzend Michaela Köster (Sachsen), Christiane Mettlau (Bundesreferentin), Gudrun Beckmann-Zander, Renate Weber, Susanne Esser (alle NRW), Susanne Müller-Vasic (Rheinland-Pfalz), Sandra de Boer (Bremen), Volker Schmidt (Baden-Württemberg), Susanne Graf (Rheinland-Pfalz), Mathias Elzner (Sachsen), Conny Michel (Thüringen), Hartmut Strekies (Schleswig-Holstein), Andrea Bethge (Thüringen), Martin Herman (Baden-Württemberg).

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