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Diagnostik - Digitalisierung - Didaktik
Bericht über den Sonderpädagogischen Kongress 2019 in Weimar

Vom 9. bis 11. Mai 2019 fand der sonderpädagogische Kongress mit rund 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern in Weimar statt. Bereits zum vierten Mal hat der Verband Sonderpädagogik e.V. (vds) seinen alle drei Jahre stattfindenden großen Kongress in der Goethe- und Schiller-Stadt, der Stadt des Bauhauses und der demokratischen Staatsverfassung durchgeführt.
In einem zentralen Hauptreferat, einer hochrangig besetzten Podiumsdiskussion sowie 48 Seminaren und Workshops wurde deutlich, welche Entwicklungen und Herausforderungen sich anlässlich der zweiten Dekade der UN-Behindertenrechtskonvention ergeben: eine Neuausrichtung und kritische Diskussion (sonder-)pädagogischer Diagnostik; der konstruktive und produktive, auf Partizipation und Teilhabe von Menschen mit Unterstützungsbedarf ausgerichtete Umgang mit den durch die fortschreitende Digitalisierung bedingten Transformationsprozessen; außerdem die nachhaltige Implementation erprobter didaktischer Konzepte in einem inklusiven Bildungssystem.
Die Bundesvorsitzende des vds, Dr. Angela Ehlers, hielt dazu fest: „Die fortschreitende Digitalisierung verändert Kindheit und Jugend, aber auch unsere Schulen. Digitalisierung als eine besondere Chance für eine Weiterentwicklung der inklusiven Schule muss unbedingt genutzt werden.“ Gute Wege für alle Schülerinnen und Schüler zu finden, insbesondere auch mit herausforderndem Verhalten oder hohem Bedarf an Assistenz, sei ebenso wie die Unterstützung der Schulen eines der wesentlichen Entwicklungsthemen der inklusiven Bildung.
Sie betonte, dass die höchste Kunst im multiprofessionellen Handeln auch weiterhin und noch vertiefter darin bestehen müsse, pädagogische Bedürfnisse in allen Lernprozessen zu erkennen, in Beziehung zu didaktischen Konzepten zu setzen und die Chancen der Digitalisierung für alle Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu nutzen, um Teilhabemöglichkeiten zu erhöhen oder Teilhabe durch moderne Technologie überhaupt erst zu ermöglichen.
Eine gute inklusive Bildung benötige stets die Verknüpfung von fachlichen Konzepten, guter begleitender Diagnostik und gekonnter didaktisch-methodischer Realisierung für alle an der jeweiligen Schule beheimateten Menschen.
Deshalb gehe es in den Kongresstagen um Diskussionsprozesse wie:

  • Wie kann Inklusive Didaktik für bestimmte Förderschwerpunkte und Unterrichtsfächer aussehen?
  • Was ist eine gute und zielführende Lernverlaufsdiagnostik?
  • Wie können inklusive Apps zur Stärkung von Teilhabe und Unterrichtsteilnahme beitragen?

Unterstützung fand die Bundesvorsitzende u.a. durch die Forderung des Ministers für Bildung, Jugend und Sport des Freistaats Thüringen, Helmut Holter, dass sich alle zivilgesellschaftlichen und politischen Akteure für eine  inklusive Gesellschaft einsetzen müssen.

Minister Holter setzte in seinem Grußwort in der Eröffnungsveranstaltungdeutliche politische Akzente in Richtung einer inklusiven Schule für alle Schülerinnen und Schüler und für eine angemessene Ausstattung mit Ressourcen. Er positionierte sich eindeutig gegen Forderungen nach einem bildungspolitischen „Reset“ und einer Abkehr von Bemühungen um mehr inklusive Bildung sowohl in zahlreichen Gesprächen in der Pause als auch in der Podiumsdiskussion.
Insgesamt widmete Minister Holter der Verbandsveranstaltung vier Stunden Zeit, in denen er sich mit großem Engagement in den konstruktiven Diskurs einbrachte. Die Bundesvorsitzende dankte ihm mit den Worten: „Lieber Herr Holter, Sie waren 2018 Präsident der KMK und ich muss es einmal ganz deutlich sagen: Wir, die Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen, haben uns von Ihnen sehr wertgeschätzt und hervorragend vertreten gefühlt. Bei Ihnen als Präsident waren Inklusion, Partizipation und Teilhabe in besten Händen und ich weiß, dass Sie sich auch weiterhin intensiv gegen jede Form von Ausgrenzung engagieren. Dafür danken wir Ihnen herzlich!“

Im Hauptreferat der Eröffnungsveranstaltung befasste sich Dr. Olaf Köster-Ehling, Vorstand der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft, mit dem Thema „Bildung im digitalen Wandel“. Ausgehend von einem Modell inklusiver Didaktik nach Kersten Reich stellte er Überlegungen dazu vor, welche Kompetenzen im schulischen Lernen von Bedeutung sind und wie digitale und mediale Bildung vor allem vor dem Hintergrund, dass Erkenntnisse und Faktenwissen immer kürzere Halbwertszeiten haben, gestaltet werden kann. Einen wesentlichen Teil seiner Ausführungen widmete Köster-Ehling der Fragestellung, wie Räume bzw. ganze Schulgebäude ausgestaltet und ausgestattet sein müssen, um dem Anspruch der Inklusion, Teilhabe aller Kinder und Jugendlichen sowie der Barrierefreiheit gerecht zu werden.
Auch in der den Eröffnungstag abschließenden Podiumsdiskussion wurden die Themen Chancen und Risiken der fortschreitenden Digitalisierung vor dem Hintergrund von Bildung und Teilhabe junger Menschen mit Unterstützungsbedarf sowie Notwendigkeit eines Nationalen Bildungsrats mit breiter Beteiligung der Zivilgesellschaft aufgegriffen und in Zusammenhang mit dem bundesweiten Digitalpakt zur Ausstattung der Schulen gestellt.
Zudem wurde hier die Forderung nach einem Nationalen Bildungsrat beraten.
Dr. Michael Voges, Staatsrat a.D. der Freien und Hansestadt Hamburg und Verfasser eines entsprechenden Positionspapiers in der ZEIT, bekräftigte, dass neben einem Nationalen Bildungsrat auch ein Bildungsstaatsvertrag zur Absicherung länderübergreifender Standards dringend vonnöten sei. Hierzu ergab sich eine intensive und konstruktive Diskussion, in die Minister Holter seine Perspektive als ehemaliger Präsident der KMK einbrachte.
Die Bundesvorsitzende des vds verdeutlichte, dass eine Grundvoraussetzung für einen erfolgreichen Nationalen Bildungsrat die breite Beteiligung der Verbände und zivilgesellschaftlichen Vereinigungen sei.
In Bezug auf die Herausforderungen der nachhaltigen Entwicklung eines inklusiven Bildungssystems berichteten Uwe Eisenberg (Hauptdezernent Inklusion der Bezirksregierung Münster) und Stefanie Höfer (Landesvorsitzende Bremen des Verbands Sonderpädagogik und Leiterin des ReBuZ Bremen-West) von guten Beispielen und forderten neben mutigen Ideen tragfähige Konzepte und Rahmenbedingungen.
Stefanie Höfer fasste das Problem der enormen Geschwindigkeit der Entwicklung einer inklusiven Schule in manchen Bundesländern mit einem Bild zusammen: „Wir haben die Lokomotive losfahren lassen, bevor wir die Gleise gebaut hatten!“
Am Freitag und Samstag setzten sich in den insgesamt 46 Seminaren die Referentinnen und Referenten mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen und in zahlreichen Facetten mit dem Thema „Diagnostik – Digitalisierung – Didaktik“ auseinander. Helferinnen und Helfern unter der Leitung der Landesvorsitzenden Gisela Langer und durch die Bundesgeschäftsstelle lief diese Großveranstaltung reibungslos.
Mit großem Dank wurde Gisela Langer vom Auditorium am Ende der Veranstaltung verabschiedet, da dies im Rahmen ihrer Amtszeit der letzte Sonderpädagogische Kongress war, den sie betreut hat.

Alle Beiträge des Kongresses können zusammengefasst auf einer Tagungs-CD bei der Bundesgeschäftsstelle angefordert werden.

Bundesvorstand: P. Wachtel, D. Scheer, D. Wernicke, C. Melzer, A. Ehlers,
Horst Beier, M. Schardt
D. Scheer, S. Höfer, M. Schmid, H. Beier, A. Ehlers, S. Asmussen
D. Brunsch, B. Werner, D. Scheer, C. Melzer G. Langer, H. Holter, A. Ehlers
G. Langer, O. Köster-Ehling, A. Ehlers Gisela Langer, Marianne Schardt

David Scheer

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