Vom 26. bis 28. Mai 2014 fand das Treffen der Landesreferenten für Aus- Fort- und Weiterbildung unter neuem Leitungsteam in Leipzig statt. Die Teilnehmenden hatten beste Arbeitsbedingungen durch die ausgezeichnete Vorbereitung, die Prof. Dr. Kerstin Popp, langjährige Bundesreferentin, vor Ort an ihrem Heimatinstitut geleistet hat. Zu den Schwerpunkten des Treffens:
Länderberichte
Es wurde eine Matrix vorgestellt, die es
ermöglicht, die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den Bundesländern im Hinblick
auf die drei Phasen der Lehrerbildung sowie auf die allgemeine bildungspolitische
Situation besser vergleichen, analysieren und einschätzen zu können.
1. Phase
Insgesamt ist der Bedarf an Sonderpädagogen
in ganz Deutschland weiter hoch und kann nicht entsprechend gedeckt werden. In der
ersten Phase scheint dabei die Gefahr eines unkoordinierten Ressourceneinsatzes
gegeben, wenn etwa innerhalb eines Bundeslands Ausbildungskapazitäten konstant
bleiben, Stellen an der Universität aber abgebaut werden. Die Ausbildung in den
einzelnen Fachrichtungen muss unbedingt erhalten bleiben, damit spezifische sonderpädagogische
Kompetenzen nicht als ergänzende Teilbestandteile in einer allgemeinen
Lehrerausbildung marginalisiert werden. Insbesondere „kleine“ Fachrichtungen
wie Sehen, Hören, aber auch Körperliche und Motorische Entwicklung, gilt es
besonders im Blick zu behalten und deren Bestand zu sichern. Crosskategoriale Studieninhalte
können eine wichtige Bereicherung darstellen, sind aber als Rückschritt
anzusehen, wenn sie eine fundierte fachspezifische Ausbildung ersetzen sollen. Praxisinhalte
während des Studiums wurden inzwischen an vielen Orten erweitert. Qualität und
Tiefe der Praxiselemente bedürfen aber der Überprüfung, denn nur eine
entsprechend angeleitete und begleitete Praxis kann zu einer echten Vertiefung
der Theorie- Praxis-Bezüge führen. Inhalt von Praktika soll vor allem
das Unterrichten sein, was sogenannte Forschungspraktika in der Regel nicht leisten.
Hier könnte die Verzahnung von 1. und 2. Phase einen wertvollen Beitrag
leisten, was jedoch nur an wenigen Orten umgesetzt wird.
2. Phase
In der zweiten Phase steht die
Qualitätssicherung der Ausbildung im Fokus. So ist der Erhalt von mindestens 18
Monaten Dauer des Vorbereitungsdienstes dringend erforderlich, um eine
fundierte Ausbildung zu sichern. Günstiger erscheinen weiterhin 24 Monate, die aber
inzwischen die Ausnahme sind. Ausbildungsorte in der zweiten Phase sollen alle
Lernorte der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf sein. Auch für die zweite
Phase gilt es kritisch zu überprüfen, ob die Zahl der Absolventen aktuell den
Bedarf an ausgebildeten Lehrkräften mit dem Lehramt Sonderpädagogik erfüllt. Je
nach Bedarf in den einzelnen Bundesländern muss die Zahl der Lehrkräfte im
Vorbereitungsdienst deutlich erhöht werden. Sehr kritisch werden
sonderpädagogische Kurzausbildungen für Quer- und Seiteneinsteiger aus anderen
Lehrämtern oder gar aus anderen Berufsgruppen betrachtet. Eine mögliche
Entwicklung hin zur Sonderpädagogik „light“ steht im deutlichen Widerspruch zu den
Anforderungen einer hochwertigen professionellen Ausbildung im Rahmen eines
inklusiven Bildungssystems, die erforderlich ist, um den Bedürfnissen der
Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf gerecht zu
werden.
3. Phase
Auch im Bereich der Fort- und
Weiterbildung ist die Bandbreite zwischen den Ländern erheblich. Die Angebote
reichen von einzelnen Tagen mit wenigen Stunden, die den Lehrkräften an
Allgemeinen Schulen im Hinblick auf die Anforderungen inklusiver Beschulung
angeboten werden, bis zum Erweiterungsstudium, für das ausgewählte Lehrkräfte
gezielt angesprochen werden. Insgesamt scheint das Angebot über alle Länder
hinweg weder quantitativ noch qualitativ ausreichend.
Aufträge von Bundesversammlung und
Bundesausschuss
Mit Bestätigung des Positionspapiers „Berufsbild
der Sonderpädagogin / des Sonderpädagogen im inklusiven System“ auf dem BA
02-2014 wurde der Auftrag an das Referat AFW erteilt, das Positionspapier –
gemäß den Vorgaben des aktuellen Formats „vds Positionspapier“ – auf
Kernaussagen fokussiert zusammenzufassen. Die zentrale Forderung des
Positionspapiers lautet, dass eine eigenständige sonderpädagogische
Lehrerbildung in allen drei Phasen zu allen Förderschwerpunkten in ihrer
Spezifikation unverzichtbar ist. Vor dem Hintergrund der strukturellen
Veränderungen im Zuge der Umsetzung der Inklusion im Bildungssystem erscheint
zudem eine institutionelle Verankerung von Sonderpädagoginnen und
Sonderpädagogen in Fachteams mit sonderpädagogischer Expertise zur Reflexion
des fachlichen Handelns und für die kontinuierliche berufliche Weiterentwicklung
und Professionalisierung im Rahmen inklusiver Bildungskontexte wichtig. Für die
Umsetzung sonderpädagogischer Aufgaben im inklusiven Bildungssystem sind
entsprechende Ressourcen dringend erforderlich, sie müssen langfristig
sichergestellt sein.
Informationen aus
dem Bundesausschuss
Der Bericht über die mandatierte Arbeitsgruppe Inklusive Bildung und ihre
Arbeitsschwerpunkte fand besonderes Interesse. Festgestellt wurde, dass alle
Förderschwerpunkte durch die Mitglieder der Arbeitsgruppe repräsentiert sind;
allerdings bildet die Arbeitsgruppe nicht die interne Referatsstruktur gänzlich
ab. Deshalb wäre es wünschenswert, zusätzlich eine Vertreterin aus dem Referat
zu beteiligen, weil im Hinblick auf die künftige Entwicklung der Inklusion im
Bildungssystem insbesondere die Lehrerbildung ein zentraler Faktor für die
aktuelle, aber auch die kommenden Lehrergenerationen ist.
Ausblick
Das Treffen 2015 soll in Bielefeld, Nordrhein-Westfalen, stattfinden, da
die bildungspolitischen Entwicklungen dort und insbesondere das interessante
Kooperationsmodell in der zweiten Ausbildungsphase von besonderem Interesse
sind.
Sibylle Roehr ·
Klaus Gößl