Referatsübergreifender Veranstaltungsteil
Vom 06. – 08. Juni 2013 fand in Leipzig eine gemeinsame Tagung der Referate "Förderschwerpunkt Lernen" und „Geistige Entwicklung“ statt. Für die Organisation der Tagungsräume geht ein großes ‚Danke!‘ an Kerstin Popp, für die Versorgung während der Tagung ist Kathleen Herwy sehr zu danken. Die Zusammenarbeit wurde von allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern als sehr positiv bewertet. Dabei haben die Vertreter aus den Bundesländern in einer sehr guten Atmosphäre in Form von zielgerichteten Diskussionen und Kleingruppenarbeit zu den folgenden Schwerpunkten gearbeitet:
1) Standards sonderpädagogischer Förderung im Kontext von „Inklusion“ im referatsübergreifenden Vergleich
2) Erstellen eines referatsübergreifenden Thesenpapiers zur „Förderung von Schülerinnen und Schülern im sogenannten Grenzbereich Lernen/Geistige Entwicklung“
Zu 1)
Die in den beiden Referaten aktualisierten Standards sonderpädagogischer Förderung wurden in referatsgemischten Kleingruppen bezüglich der Gemeinsamkeiten und Unterschiede verglichen. Es zeigten sich eine Reihe von Gemeinsamkeiten bezüglich der Vorgaben und Ressourcen sowie der Prozessmerkmale einer angemessenen sonderpädagogischen Förderung in beiden Förderschwerpunkten. Unterschiede wurden vor allem auf der Ebene der Umsetzung der beschriebenen Standards und hinsichtlich der Ergebniserwartung des Förderprozesses deutlich.
Übereinstimmende Meinung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer beider Referate zum Abschluss dieses Arbeitsteils war, dass gerade im Rahmen der sich verändernden Bildungslandschaft eine regelmäßige Aktualisierung der Standards zur sonderpädagogischen Förderung notwendig ist.
Zu 2)
In der aktuellen Bildungslandschaft fällt auf, dass für Schülerinnen im sogenannten Grenzbereich der Förderschwerpunkte Lernen und Geistige Entwicklung oft nicht die individuell notwendige Unterstützung für die spezifischen Bildungsbedarfe bereit gehalten werden.
Ziel eines Thesenpapiers ist, die hierfür erforderlichen Rahmenbedingungen zu skizzieren und einzufordern und somit mehr gleichberechtigte und gleichwertige Teilhabe zu ermöglichen.
In Form von referatsgemischten Diskussionsrunden wurde das folgende vorläufige Thesenpapier erstellt:
Schülerinnen und Schüler im sogenannten Grenzbereich Lernen und Geistige Entwicklung bedürfen einer intensiven Unterstützung, um möglichen weiteren Folgen der bestehenden Beeinträchtigungen entgegen zu wirken. Es ist auszuschließen, dass diesen Schülerinnen und Schüler aus finanzpolitischen Erwägungen ausschließlich eine geringere Förderung im Sinne des Förderschwerpunktes Lernen zu Teil wird. Ebenso ist es abzulehnen, dass Schülerinnen und Schüler mit ausgeprägtem Förderbedarf Lernen dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung zugeordnet werden, um die nötigen Ressourcen sicher zu stellen. Für eine angemessene Förderung sind vor allem folgende Aspekte zu berücksichtigen:
- Bereitstellung von erhöhten Ressourcen an allen Bildungsorten, welche individuell für Schülerinnen und Schüler im sogenannten Grenzbereich angepasst sind
- Durchführung einer umfassenden kompetenzorientierten Förderdiagnostik (ohne Statuszuweisung Geistige Entwicklung) über die ersten 2-3 Schulbesuchsjahre mit entsprechender personeller Ressource
- Schaffung von Möglichkeiten zur Stabilisierung im Rahmen einer temporären intensiveren Förderung von Schülerinnen und Schülern im Grenzbereich, die herausfordernde Verhaltensweisen zeigen
- Deutliche Vereinfachung von Übergängen zwischen den Systemen der Förderung von Schülerinnen und Schülern mit Förderbedarf Lernen und Geistige Entwicklung
- Ermöglichen von „kreativen“ Wegen der Förderung im Einzelfall
- Bereitstellung von qualifiziertem Personal, welches mit den Spezifika der beiden Förderschwerpunkte vertraut ist
- Flexibilisierung der Wahl des geeigneten Förderortes sowie Durchlässigkeit zwischen den Schularten bzw. Förderschultypen)
- Vernetzung der beteiligten Regelschulen, Förderzentren und ggf. vorschulischen Einrichtungen, um frühzeitig Interventionen zu planen und durchzuführen
- Schaffung von Strukturen, die eine Förderung schon in den vorschulischen Einrichtungen ermöglicht
- Konzeptionalisierung eines Vorgehens für Schülerinnen und Schüler in diesem Grenzbereich, die Tendenzen zu Schulverweigerung zeigen
- Konzeptionalisierung eines Vorgehens für Schülerinnen und Schüler in diesem Grenzbereich, die Tendenzen zu delinquentem Verhalten zeigen
- Bereitstellung von zusätzlichen Modulangeboten in den Fächern Deutsch und Mathematik
- Bereitstellung von Projekten zu sogenannten lebenspraktischen Lernfeldern
- Sicherstellung von positiven Identitätserfahrungen im Bildungs- und Erziehungsgeschehen
- Ermöglichen einer angemessenen längeren Schulzeit im Sinne des Förderschwerpunktes Geistige Entwicklung
- Sicherung einer bedarfsgerechten Arbeits- und Berufsvorbereitung
Das Thesenpapier soll in einem E-Mail-Abstimmungsverfahren unter allen Landesreferentinnen und -referenten der beiden Referate weiter bearbeitet werden.
Referatsinterner
Veranstaltungsteil des Referats
Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung
Für den referatsinternen Veranstaltungsteil standen neben dem Bericht des Bundesreferenten die folgenden Tagesordnungspunkte zur Bearbeitung an:
1) Aktuelles aus Wissenschaft, Forschung und Lehre im FSGE
2) Lehrerbildung 1. und 2. Phase im FSGE: Anregungen zum „Fachprofil Sonderpädagogik“ der KMK
3) Überlegungen zum Thema „Integrationshilfe“ – Ausarbeitungen aus dem Referat KmE
4) Länderberichte
5) Überlegungen zur Vorbereitung der nächsten Tagung 2014
Zu 1)
Während der Tagung in der Räumen des Instituts für Förderpädagogik der Universität Leipzig gab es einen Austausch mit der Lehrstuhlinhaberin des Fachbereichs Pädagogik im Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung: Prof. Dr. Saskia Schuppener. In Form eines Berichts stellt Frau Schuppener die aktuellen Forschungsvorhaben vor und skizziert beispielhaft, wie Forschung mit einer Beteiligung von Menschen mit Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung an Forschungsvorhaben aussehen kann. Weiterhin werden von ihr die aktuellen Bestrebungen des Landes Sachsen zur sonderpädagogischen Lehrerbildung geschildert. Weiterhin gibt Frau Schuppener eine kurze Übersicht zu den Inhalten des aktuellen Studienangebots im Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung. Im anschließenden Gespräch erfolgt ein intensiver Austausch zu den dargestellten Aspekten, wobei besonders der Stand der Inklusionsbestrebungen des Landes Sachsen umfassend diskutiert wurde. Aufgrund der vielfältigen Impulse aus dem Gespräch wird eine Einladung von Frau Schuppener zur nächsten Tagung im Jahr 2014 erfolgen.
Zu 2)
Zum Entwurf eines Fachprofils Sonderpädagogik der KMK ergaben sich zum Teilbereich „Spezifische Inhalte einzelner Förderschwerpunkte“ diverse Anregungen verbunden mit der Forderung, diesen Bereich für den Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung grundlegend entsprechend den aktuellen theoretischen Erkenntnissen und praktischen Erfordernissen zu überarbeiten. Dazu werden im folgenden exemplarisch Anmerkungen aufgeführt:
- Die Begriffe „geistige Behinderung“, „schwere kognitive Beeinträchtigung“ sowie „schwere Mehrfachbehinderung“ sind weder trennscharf noch entsprechen sie der aktuellen Diskussion, nach der eine Einteilung nach Schweregraden nicht vorgenommen wird. Hier sollte ein einheitlicher Begriff genutzt werden. Angemessen erscheint der Begriff „Menschen mit Förderschwerpunkt geistige Entwicklung“
- Sämtliche Spiegelstriche unter dem Förderschwerpunkt KmE (s. 7) sind originär inhaltlich für den Förderschwerpunkt geistige Entwicklung von maßgeblicher Bedeutung.
- Neue Technologien sind nicht nur ein Lernbereich für die Schülerinnen und Schüler sondern bieten auch in erheblichem Umfang Möglichkeiten zu charakteristischem/r Unterricht/ Förderung. Diese spezifische Hard- und Software muss unbedingt expliziter Inhalt des Fachprofils Sonderpädagogik im Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung sein.
- Unterricht ausschließlich im Sinne von handlungs- und projektorientierten Unterricht bzw. in Form von Übungseinheiten darzustellen ist fachlich bedenklich. Projektunterricht kann Teil eines handlungsorientierten Unterrichts sein. Grundsätzlich sollte jeglicher Unterricht handlungs-, fach- und entwicklungsorientiert angelegt sein.
- Theorien und Anwendungsmöglichkeiten zu den Entwicklungsbereichen sollten nicht in einen Satz mit Pflege und selbständiger Lebensführung gestellt werden. Hier könnte auf die Formulierung aus dem Förderschwerpunkt KmE zurückgegriffen werden. Die Entwicklungsbereiche müssen vollständig aufgeführt werden.
- Grundsätzlich gilt es, für Unterricht und Förderung an allen Lernorten auszubilden. Daher erscheint die ausschließliche Erwähnung des gemeinsamen Unterrichts als absolut verkürzt.
Zu 3)
Bezüglich des Arbeitsschwerpunktes „Schulassistenz“ wurden die Vorarbeiten mit dem ersten Entwurf eines Positionspapiers aus dem Referat Körperliche und motorische Entwicklung ausdrücklich wertgeschätzt und gewürdigt. Bei dem Versuch der Bearbeitung des Papiers wurde deutlich, dass aus der Sicht des Förderschwerpunktes Geistige Entwicklung weitere zusätzliche Aspekte von Bedeutung erscheinen. Das Angebot des Referates KmE wird hier gerne aufgenommen, an der weiteren Ergänzung und Überarbeitung mitzuwirken.
Zu 4)
Die konzentrierte Diskussion zu Aktualitäten aus den Länderberichten war für alle Landesreferenten von befruchtender Bedeutung für die Arbeit im eigenen Landesverband. Aus dem Austausch haben sich maßgeblich die Tagesordnungspunkte für die nächste Tagung der Landesreferentinnen/ -referenten ergeben. Weiterhin wurde deutlich, dass eine bundesweite Untersuchung zu den Qualitätsbedingungen schulischer Inklusion für Kinder und Jugendliche mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung – wie bereits für den Förderschwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung geschehen – dringend erforderlich ist.
Zu 5)
Die nächste Tagung der Landesreferentinnen und -referenten findet voraussichtlich vom 27.-29. März 2014 in Köln statt. Für die Tagung werden bisher folgende Arbeitsschwerpunkte anvisiert:
„Medien und Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung“, „Lehrerbildung in der 1. und 2. Phase im Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung“, „Vorbereitung auf das nachschulische Leben in Inklusion“, „Stand der inklusiven Bildung für Menschen mit Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung“
Referatsinterner Veranstaltungsteil des
Referats Förderschwerpunkt Lernen
Im referatsinternen Teil standen folgende Punkte auf der Tagesordnung:
- Entwicklungen in den Ländern unter besonderer Berücksichtigung des Erhalts und der Weiterentwicklung sonderpädagogischer Kompetenz im Förderschwerpunkt Lernen
- Begrüßung durch Professor Dr. Thomas Hofsäss
- Überlegungen und Stellungnahme zum Fachprofil Sonderpädagogik
- Rückblick auf den Fachkongress in Würzburg
- Planung der nächsten Tagung
Zu 1.) In den Länderberichten wurden die unterschiedlichen Entwicklungen im Förderschwerpunkt Lernen wiederum deutlich. Das Tempo und die Art der Umsetzung inklusiver Beschulung unterscheidet sich je nach Bundesland erheblich voneinander. Die Unterschiede sind insbesondere zwischen nördlichen und südlichen Bundesländern, aber auch zwischen Stadtstaaten und Flächenländern zu beobachten. Dabei scheint die Qualität sonderpädagogischer Förderung nicht überall durchgängig gesichert zu sein. Besonders die Tendenz, die Förderschwerpunkte Lernen, Sprache und emotionale und soziale Entwicklung in der inklusiven Beschulung zusammenzufassen, muss im Hinblick auf den Qualitätserhalt der einzelnen Förderschwerpunkte im Auge behalten werden.
Zu 2.)
Professor Hofsäss, Dekan der Fakultät Erziehungswissenschaften und Inhaber der Professur für Lernbehindertenpädagogik an der Universität Leipzig, stellt im Rahmen eines Berichtes das Instituts vor und skizziert die inhaltlichen Schwerpunkte. Er berichtet über die Anstrengungen der Universität mehr Ausbildungsplätze anzubieten um dem drohenden Lehrermangel entgegen zu treten.
Zu 3.)
Das von der KMK entwickelte Papier zur Lehrerbildung empfanden die Referenten und Referentinnen bzgl. ihres Förderschwerpunkts als stellenweise nicht dem aktuellen Diskussionsstand entsprechend. Hier würde man eine grundsätzliche Überarbeitung wünschen.
Zu 4.)
Die Veranstaltung des Fachkongresses im Förderschwerpunkt Lernen in Würzburg wurde von den Referenten und Referentinnen überwiegend als gelungen angesehen. Diskutiert wurde die Einbindung der Landesreferenten in die Vorbereitung, aber auch bei der Durchführung vor Ort. Hier war man sich einig, dass klar festgelegt sein müsste, welche Anteile der Vorbereitung in die Verantwortung des Referats fallen und in wieweit sich die Landesreferenten in der Veranstaltung selbst einbringen können/sollen.
Zu 5.)
Die nächste Tagung der Landesreferenten ist für den 8.-10.5.2014 geplant. Da wegen Erkrankungen, aber auch auf Grund des Hochwassers etliche Bundesländer nicht vertreten waren, wurde der Tagungsort noch nicht endgültig festgelegt. Inhaltlicher Schwerpunkt könnte das zukünftige Berufsbild und das berufliche Selbstverständnis des Sonderpädagogen/der Sonderpädagogin im Schwerpunkt Lernen sein.
Annette Kriszio, Hendrik Reimers
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