Lange vor dem Termin war der Fachkongress Lernen in Würzburg vom 16.-17.11.2012 ausgebucht. So war dann auch die Aula der Universität beim Eröffnungsvortrag von Prof. Dr. Stephan Ellinger, Würzburg, der zum Thema „Professionalität einer Lehrkraft im Förderschwerpunkt Lernen“ referierte, bis auf den letzten Platz gefüllt.
Ausgehend von Erkenntnissen der Professionalitätsforschung entwickelte er ein Kompetenzprofil für den Förderschwerpunkt Lernen. Die verschiedenen Zugänge zu Erschwernissen des Lernens, nämlich individuelle, sozio-kulturelle und institutionskritische Ansätze, griff Ellinger auf, um daraus die Dimensionen eines fundierten professionellen Handelns abzuleiten. Er betonte dabei insbesondere die pädagogische Dimension, die ein positives Menschenbild zum Ausgangspunkt nimmt und die Beziehung zum Lernenden und dessen Ganzheit im erzieherischen Prozess in den Mittelpunkt stellt.
Zwölf Workshops schlossen sich am Freitag an, die einen Einblick gaben in die Herausforderungen des Förderschwerpunkts Lernen in einer inklusiven Schule. Beendet wurde der erste Tag mit einer sehr gut besuchten Podiumsdiskussion, in der sich der Bundesvorsitzende des Verbands Sonderpädagogik, Stephan Prändl, die Bundesreferentin für den Förderschwerpunkt Lernen, Annette Kriszio und Prof. Dr. Stephan Ellinger unter der Moderation von Prof. Dr. Clemens Hillenbrand den interessierten Fragen der Teilnehmer stellten.
Insbesondere die Zukunftsperspektiven des Förderschwerpunkts Lernen standen im Fokus. Annette Kriszio verwies auf die unterschiedlich schnelle Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in den einzelnen Bundesländern und die damit verbundene Problematik in der Arbeit im Bundesreferat. Die bildungspolitischen Entwicklungen in den Bundesländern, die von Teilnehmern berichtet wurden, gaben Anlass zu erheblicher Besorgnis. Stephan Prändl machte deutlich, wie wichtig die momentane bildungspolitische Arbeit des Verbands Sonderpädagogik ist, insbesondere mit Blick auf die Aus,- Fort- und Weiterbildung. „Wenn die Qualität der Arbeit gesichert werden soll, dann muss es weiterhin einen eigenständigen Studiengang Sonderpädagogik geben. Der Verband verfolgt die derzeitige Entwicklung, die sonderpädagogische Ausbildung in die Ausbildung der Allgemeinpädagogik einfließen zu lassen – wie dies z. B. in Berlin angedacht ist – mit großer Sorge und wird dies Ende November beim Parlamentarischen Abend in Berlin kritisch einbringen. Die Einbindung von Angeboten sonderpädagogischer Unterstützung in regionale Bildungsnetzwerke gilt weithin als wichtige Perspektive für eine angemessene Weiterentwicklung gerade auch für den Förderschwerpunkt Lernen.
Der Samstag begann mit einem Vortrag von Prof. Dr. Christian Huber mit dem Titel „Inklusion braucht Struktur – Wie sich die Inklusion von Schülerinnen und Schülern mit dem Förderschwerpunkt Lernen durch den Response-to-Intervention-Ansatz neu denken lässt“. Sehr gut nachvollziehbar entwickelte er die Grundlagen und die praktische Anwendung dieses Konzepts. Zahlreiche Länder setzen mit diesem Rahmenkonzept die sonderpädagogische Unterstützung in den Bereichen Lernen, Sprache und Verhalten um. Es sieht die enge Koppelung von Förderung mit Feedback und Diagnostik in einem nach Intensität gestuften System vor. Der Förderschwerpunkt Lernen erhält damit eine grundlegende Ausrichtung auf die Prävention. Um die Lehrkräfte mit den Aufgaben nicht, wie es heute weitestgehend praktiziert wird, allein zu lassen, sind multiprofessionelle Teams notwendig. Damit kann RTI letztlich zu einer Entlastung der Lehrkräfte, die eine höhere Selbstwirksamkeit und professionellen Erfolg erleben, beitragen.
Weitere 12 Workshops folgten, in denen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern zukunftsfähige Konzepte und wirkungsvolle Ansätze und Methoden der Lernhilfe vorgestellt wurden.
Spontane Rückmeldungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zeigten, dass der Verband Sonderpädagogik mit diesem Fachkongress und dem breit aufgestellten Angebot an Workshops und Seminaren den Bedarf der Kolleginnen und Kollegen nach Fortbildung und fachlichem Austausch getroffen hat. Dies drückt sich auch in den Anmeldezahlen für den Sonderpädagogischen Kongress im April 2013 aus, der bereits jetzt mit knapp 500 Anmeldungen zu fast 80 % ausgebucht ist.
Marianne Schardt
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