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Würzburger Gespräch 2012 mit dem wissenschaftlichen Nachwuchs

Zum 2. „Würzburger Gespräch“ hatte der Verband Sonderpädagogik e. V. am 8.12.2012 Nachwuchswissenschaftler der Förderschwerpunkte Geistige Entwicklung und Körperlich-motorische Entwicklung eingeladen. Zehn junge Forscherinnen und Forscher von Universitäten in Leipzig, Würzburg, München, Augsburg, Gießen, Halle und Oldenburg waren dieser Einladung gefolgt und nutzten die vom vds geschaffene Plattform zu einem lebendigen Austausch. Bundesvorsitzender Stephan Prändl begrüßte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, moderiert wurde die Veranstaltung von Prof. Dr. Clemens Hillenbrand. Das Würzburger Gespräch bietet Nachwuchsforschern eine Möglichkeit des Austauschs über aktuelle wissenschaftliche Fragen und Ergebnisse, die zugleich Aufgaben und Perspektiven der Sonderpädagogik insgesamt darstellen.

Die beiden inhaltlichen Schwerpunkte der Veranstaltung -  „Forschungsperspektiven der Inklusion“ und „Kooperation der Professionellen“ - wurden jeweils von einem der Teilnehmer mit einem kurzen inhaltlichen Impuls eingeleitet und anschließend von allen Teilnehmern lebhaft diskutiert.

Eine kurze Einführung in den Themenschwerpunkt „Forschungsperspektiven der Inklusion“ gab Dr. Christian Walter-Klose, Universität Würzburg. Er stellte ein wissenschaftliches Modell der Faktoren schulischer Inklusion vor, das für eine Überprüfung des Gelingens und der Wirkungen eine fundierte Basis bietet. Auch die Probleme in der wissenschaftlichen Erforschung inklusiver Bildungssysteme können damit benannt werden.

Aus der sich anschließenden Diskussion lassen sich spezifische Beobachtungen aus den beiden Förderschwerpunkten festhalten:

  • Für die inklusive Beschulung müssen sowohl Schüler in beiden Förderschwerpunkten als auch ihre Familien oft aufwändige Anpassungsleistungen (z.B. Fahrten, Organisation von Therapien) erbringen.
  • Die Forschung berücksichtigt nur selten die Urteile der Schüler mit Förderbedarfen, die häufig negativer ausfallen als die von Lehrkräften, Eltern und Mitschülern.
  • Der Gesundheitsstatus findet kaum Beachtung, was gerade in diesen Förderschwerpunkten zu einer erheblichen Belastung für die Entwicklung insgesamt führen kann.
  • Die Ebene des konkreten Unterrichts wird selten erforscht – gleich, in welchen Organisationsformen.
  • Die Anforderung der Evidenzbasierung pädagogischen Handelns ist in diesen Förderschwerpunkten schwer zu erfüllen, wenngleich die Forschung hier dringend notwendig ist.

Den Austausch zur Frage der „Kooperation der Professionellen“ leitete Dr. Wolfgang Dworschak, Uni München, am Nachmittag mit einem kurzen Impuls ein. Auf der Basis seiner Befunde zur Tätigkeit von Schulbegleitern oder Integrationshelfern stellte er die Problematik des Einsatzes nicht-qualifizierten Personals deutlich heraus. Die Gemengelage von rechtlichen Vorgaben und pädagogischen Anforderungen führt zur Fragestellung, welchen Auftrag und welche Bedeutung die Schulbegleitung haben sollte.

In der anschließenden Diskussion wurde die Problematik vertieft:
Die deutliche Zunahme von Integrationshelfern bei gleichzeitigem Mangel von Lehrkräften für Sonderpädagogik kann durchaus als Symptom für eine gefährliche Abnahme sonderpädagogischer Qualifikation angesehen werden. Kooperation der Professionellen richtet sich jedoch eigentlich auf die Zusammenarbeit von Fachkräften. Zur Erfüllung der Bedürfnisse in den Förderschwerpunkten sind – auch durch die politische Veränderung von Rahmenbedingungen – die Voraussetzungen für den Austausch mit Fachkräften aus der Medizin, Therapie oder Sozialpädagogik zu schaffen. Grundlegende Kenntnisse dieser Hilfesysteme stellen dabei eine notwendige Gelingensbedingung dar. Die professionelle Kommunikation erweist sich nicht selten als Problem. Die ICF der Weltgesundheitsorganisation könnte, so die Diskussion, dafür eine gute Basis darstellen. Andere Teilnehmer wiesen jedoch auf Grenzen hin, wenn etwa bisher die Operationalisierung für umfangreichere quantitative Forschung fehlt oder die Dimensionen Bildung und Erziehung zu wenig thematisiert sind.

Nach fünf Stunden angeregter und engagierter Diskussion konnte der Bundesvorsitzende die Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler mit der festen Zusage verabschieden, die Inhalte, Fragen und Ergebnisse wie auch die formulierten Erwartungen in die Diskussionen des Verbands Sonderpädagogik einzubringen. Der Austausch mit den jungen Forschern soll in den Veranstaltungen des vds in unterschiedlichen Formaten weitergeführt werden. Die Rückmeldungen der Nachwuchswissenschaftler zeigten die große Wertschätzung für diese unkonventionelle Form des fachlichen Austauschs.

Clemens Hillenbrand, Marianne Schardt

 

Teilnehmer am Würzburger Gespräch:

Dr. Wolfgang Dworschak, LMU München

Jun.-Prof. Dr. Britta Gebhard, Universität Oldenburg

Dr. Markus Gebhardt, TU München

M. A. Birgit Hennig, Universität Oldenburg

Dr. Jan Kuhl, Universität Gießen

Dr. Frederik Poppe, Universität Leipzig

Dr. Christoph Ratz, Universität Würzburg

Dr. Annett Thiele, Universität Halle a.d. Saale

Dr. Tobias Tretter, Universität Augsburg

Dr. Christian Walter-Klose, Universität Würzburg

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